Duisburg-Buchholz. . Rentner richtet im 25. Jahr Nascar-Rennen auf der Carrera-Bahn aus. Seine Autos baut er selbst – detailgetreu bis zum Feuerlöscher im Cockpit.

Andere Leute haben eine Bar im Keller; Manfred Stork hat dort eine Rennstrecke. Wenn Motoren surren und Reifen schnurren, dann ist der Rentner in seinem Element. Seit 1993 veranstaltet Stork Nascar-Rennen auf der Carrera-Bahn; 2017 geht er ins 25. Jahr seiner Karriere. „In den 25 Jahren sind mehr als 500 Fahrer mitgefahren“, bilanziert er stolz. Stork ist Architekt seiner Bahn genauso wie Konstrukteur seiner Autos – und natürlich Fahrer.

Der Spaß am Rennen beginnt für Manfred Stork weit vor dem Start. Nämlich dann, wenn er einen neuen Bausatz aus seinem Karton packt. Wobei Bausatz klingt, als müsste er nur zusammenbasteln, was da aus dem Karton kommt. Aber wer das glaubt, der ist gedanklich falsch abgebogen. Nein, Manfred Stork packt nicht einfach zusammen, was ihm in seine Werkstatt geliefert wird. Er feilt und schneidet, klebt und lackiert, tunt und entwirft.

„Wichtig ist der Schwerpunkt des Autos und die Balance der Hinterachsen“

Denn das, was er aus dem Karton holt, ist eigentlich nur eine Hülle; noch nicht mal, eher ein Deckel. Der Deckel zum Auto, das Stork nun selber baut. Die Karosserie nimmt er aus dem Karton – alles andere baut er selber an. Die mitgelieferten Plexiglasscheiben: mit ihren vier Millimetern oft „viel zu schwer“ für seine Flitzer, also lässt er sich eigene Windschutzscheiben auf zwei Millimeter ziehen. Die mitgelieferten Abziehbilder für die charakteristischen, Tattoos ähnelnden Sponsorenaufkleber: zu blass und unpräzise, also kauft er neue. Lackiert den Untergrund so, dass sie darauf auch richtig zur Geltung kommen. Baut das Fahrwerk gleich ganz selber, schließlich entscheidet das über Sieg und Niederlage beim Rennen.

Seine Rennstrecke hat der Rentner selbst gebaut, die Zeiten der Autos misst der Computer.
Seine Rennstrecke hat der Rentner selbst gebaut, die Zeiten der Autos misst der Computer. © Udo Milbret

„Wichtig ist der Schwerpunkt des Autos und die Balance der Hinterachse in den Kurven“, sagt Stork. Einer dieser Sätze, die klingen, wie beim richtigen Autorennen gesprochen, zwischen quietschenden Reifen und Abgaswolken. Und richtige Autorennen sind es ja auch auf der Carrera-Bahn: nur eben im Maßstab 1:24.

In 5,3 Sekunden über die 21 Meter lange Rennstrecke

21 Meter lang ist seine Rennstrecke, die Kurven zu einem Kleeblatt gelegt, da müssen die Fahrer bremsen; „wir haben so viel Strom auf der Bahn, dass die Autos rausfliegen können.“ Am liebsten hat Stork die Geraden, da kann er Vollgas geben. 15 km/h bringen die kleinen Flitzer in seinem Keller auf die Bahn; auf anderen Strecken mit längeren Geraden schaffen sie es auf Höchstgeschwindigkeiten von 30 km/h. Die Fahrer steuern sie mit einer Art Joystick, den Daumen oben: Drücken heißt Gas geben, loslassen bremsen. „5,3 Sekunden ist eine gute Rundenzeit“ für die 21 Meter, sagt Stork. 21 Meter, die er selbst gebaut hat, für die er selbst den Strom verlegt hat, die er eigenhändig an seinen Computer angeschlossen hat: für die Zeitmessung.

Stork war Werkzeugmacher von Beruf – davon profitiert er bei seinem Hobby.
Stork war Werkzeugmacher von Beruf – davon profitiert er bei seinem Hobby. © Udo Milbret

Denn einmal im Jahr wird Manfred Storks Rennstrecke zum Turnierort. 15 Rennen richtet er jährlich für seine Rennserie aus, bei der längst Slotcar-Fans aus ganz NRW anrollen. Eins davon eben in seinem Keller. Zwischen 20 und 30 Fahrern gehen pro Rennen an den Start. Bevor sie Gas geben dürfen, müssen sie durch die Fahrzeugabnahme: Stork als Rennleiter kontrolliert den Motor und die Reifen, das Mindestgewicht und die Dachhöhe.

In den 70ern gründet Stork seine eigene Rennserie

Mitte der 1960er Jahre packte Manfred Stork das Rennfieber im kleinen Maßstab. Seine eigene Rennserie mit Meisterschaft gründete er in den 70ern, „das war eigentlich im Familienkreis.“ Doch irgendwie wuchs die Familie immer weiter, und bald fuhren nicht mehr nur Verwandte mit. Stork gibt auch selber Gas. Und das durchaus erfolgreich: 2006 wird er Vize-Europameister. Natürlich mit einem seiner selbst gebauten Autos.

Was das selber bauen bedeutet, das lässt sich auf Storks Schreibtisch begutachten: Unter einer kleinen Garage voller rennfertiger Flitzer reihen sich Feilen auf und Schraubendreher, stapeln sich Filmdöschen voller Reifen und Schublädchen mit Aufschriften wie Lenkrad, Spiegel, Schalthebel, Feuerlöscher.

Die Original Nascar-Boliden fahren in den USA vor hunderttausenden Zuschauern.
Die Original Nascar-Boliden fahren in den USA vor hunderttausenden Zuschauern. © Joe Burbank/dpa/Archiv

Feuerlöscher? „Den müssen die Autos an Bord haben“, sagt Stork wie selbstverständlich, und man ist nicht sicher: Meint er jetzt die großen Nascar-Boliden, die vor hunderttausenden Zuschauern in den USA Rennen fahren, oder spricht er von den Kleinen in seinem Keller. Aber schließlich liegt der Unterschied ja auch (fast) nur im Maßstab. Denn die Nascar-Flitzer, auf die Stork sich spezialisiert hat, sie düsen originalgetreu nachgebaut über den Parcours. Dazu gehört eben auch der Feuerlöscher – auch wenn beim Slotracing die Wagen nicht gelegentlich in Flammen aufgehen wie beim Original.

Zu Besuch beim Original Nascar-Rennen in den USA

Einmal hat er ihn sich angesehen, den großen Maßstab seiner 1:24-Autos. Das Original. Dayton 1995: 250 000 Zuschauer, Manfred Stork einer davon. Einmal auch Deutsche Tourenwagen Meisterschaft. Aber die Großen, sie haben ihn nicht so in den Bann gezogen wie die Kleinen. „Die sind sich wie die Verrückten in die Karre gefahren. Da war ich schockiert.“ Dabei weiß Stork genau, wie sich eine PS-starke Maschine unter dem eigenen Hintern anfühlt: Früher ist er selbst Motorradrallyes gefahren.

In geordneteren Bahnen spielt sich das Rennleben auf der Carrera-Bahn ab. Ein Leitkiel zwischen den Vorderrädern hält die Autos auf der Spur; dem Slot – daher der Name Slot Racing. Über den Leitkiel überträgt sich auch der Strom auf den Wagen. Auf vier Wagen in Storks Fall, die nebeneinander her rasen, bis der Sieger feststeht.

Diese Garage zeigt nur einen kleinen Ausschnitt von Storks Auto-Sammlung.
Diese Garage zeigt nur einen kleinen Ausschnitt von Storks Auto-Sammlung. © Udo Milbret

Stork baut Autos auch auf Bestellung

Mehr als 100 Autos hat er inzwischen gebaut, schätzt Stork. Gezählt hat er sie nicht. Er fertigt auch Auftragsarbeiten an für andere Rennfahrer, die nicht wie er einen so passenden Beruf hatten: Werkzeugbauer war er, baut sich noch heute das eine oder andere Werkzeug selbst, mit dem er an seinen Autos rumschraubt. 25 bis 30 Stunden investiert er, bis ein Wagen renntauglich ist, dazu 150 bis 200 Euro Materialkosten. Die Bausätze bezieht er aus den USA, „wenn ich sechs Stück bestelle, muss ich mittlerweile 70 Dollar Porto zahlen.“

Unbezahlbar also eigentlich, so ein Nascar-Modell im Maßstab 1:24. Unbezahlbar aber auch der Spaß, den Manfred Stork sein Hobby bereitet. Der unübersehbar aus seinen Augen leuchtet, wenn er den Daumen aufs Gas drückt. Hält er denn selbst seinen Rundenrekord? Er schüttelt schmunzelnd den Kopf. „Meistens ist mein Neffe der Schnellste.“ Eine Familienangelegenheit ist es eben immer noch.