...nach der verlorenen Zeit. Einem Uhrenkenner aus Huckingen ist die Taschenuhr einer bisher nicht bekannten Uhrmacherfamilie in die Hand gefallen, die an der Oberstraße gelebt hat
Manchmal sind Schaufenster wie Türen in eine längst vergangene Zeit. Der 8. November 2007 war so ein Tag: Da stand ein Mann, etwas älter als 70 Jahre, in Düsseldorf und sah durch die Scheibe eines Trödelladens. Er sah eine Elefanten-Figur, an deren Rüssel die Verkäuferin eine "stark oxidierte, silberne Taschenuhr ohne Glas" gehängt hatte.
Der Mann, der über 30 Jahre lang Uhrmacher in Huckingen war, sagt: "Digital-Uhren sind seelenlose Sachen". Er will und aus Angst um seine Sammlung lieber unerkannt bleiben. Aber er wurde neugierig: Spindelhemmung, florale Applikationen in vergoldetem Messing, verzierte Pfeiler zwischen den Platinen, römische Stunden-, arabische Minutenziffern, wohl eine Auftragsarbeit für einen Großbürgerlichen, von der ein Kundiger nicht mehr als drei, vier Exemplare im Jahr geschafft haben dürfte.
Als er auf dem Ziffernblatt der Uhr die Worte "A Duisburg" und "Peter Stalmann" las, wurde unser Mann - nennen wir ihn Meister Hora, in Anlehnung an die Figur aus dem Buch "Momo" - noch viel neugieriger: Sollte es etwa eine alte Uhrmacherfamilie aus seiner eigenen Stadt geben, die er noch nicht kennt? Meister Hora kaufte der ahnungslosen Trödlerin die Taschenuhr für 60 Euro ab, ließ sie reparieren, denn das war selbst für ihn wegen der antiken Technik zu kompliziert, und stellte Nachforschungen an.
Einen Besuch im Duisburger und einen im Wuppertaler Stadtarchiv später, nach dem Konsultieren von Kirchenbüchern und einigen Urkunden war Meister Hora schlauer: Der Mann, der seine Uhr vor gut 200 Jahren gefertigt hat, wurde auf den Namen Peter He(i)nrich Mat(t)hias getauft.
Er gehörte zur Familie "Stallmann", manchmal auch "Stalman" oder "Stahlmann" geschrieben. Geboren wurde er offenbar am 3. März 1768 in Elberfeld (heute Teil der Stadt Wuppertal), als Mutter nannte die Evangelische Kirche Elberfeld eine gewisse Maria Hagemans, als Vater den Uhrmacher Johann Wilhelm Stallmann (1752 bis 1837).
Ein Trauverzeichnis der Salvatorkirche scheint zu bestätigen, dass Peter Stallmann nach Duisburg gezogen ist: Am 8. Oktober 1795, also mit 27 Jahren, heiratete er Christina Helena Sophia Philipps. Als Adresse ist die Oberstraße angegeben, die Ende des 18. Jahrhunderts so etwas wie die Hauptverkehrsstraße im Duisburger Zentrum war.
Nach der Hochzeit bekam das Paar vier Kinder, zwei Jungen und zwei Mädchen. In einer der Geburtsanzeigen ist Peter Stallmann nicht nur als Uhrmacher, sondern auch als "diacon" bezeichnet. Später muss er wieder nach Wuppertal gezogen sein, war dort 1834 als "Uhrmachermeister und Winkelier" aktenkundig.
Seine beiden Söhne arbeiteten offenbar weiter als Uhrmacher in Duisburg - mehr ist nicht bekannt. Ganz schön geheimnisvoll also, die Uhr vom Düsseldorfer Elefantenrüssel. Jetzt läuft sie wieder. Wie lange sie wohl still stand?