200 Zuwanderer der ersten Generation zeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt in Berlin aus
Als Remo Caresta vor 45 Jahren nach Duisburg kam, wollte er eigentlich nur den Bruder besuchen. Dann stellte er sich bei der damaligen Bundesbahn vor, „es gab eine Untersuchung und einen Einstellungstest und zwei Tage später habe ich angefangen.” 35 Jahre - bis zur Rente - hielt der Betriebsschlosser dem Arbeitgeber die Treue.
Mit der Instandhaltung der Gebäude der Bahn zwischen Düsseldorf und Duisburg und hinauf bis zur niederländischen Grenze war Caresta betraut. Doch der heute 69-Jähri- ge tat noch weit mehr: „Ich habe mich als Vertrauensmann für den Betriebsrat engagiert”, sagt der Wedauer. Leichthin sagt er es, als sei dies keine große Sache. Doch irgendwer befand wohl, dass sein Engagement für Landsleute, die die deutsche Sprache noch nicht so gut beherrschten wie Caresta und denen er darum mit Übersetzungen half, dass eben dieses Engagement gewürdigt werden müsse. Von höchster Stelle. Ins Bundeskanzleramt lud Angela Merkel Caresta ein. Gemeinsam mit drei weiteren Duisburgern und zahlreichen Migranten aus dem gesamten Bundesgebiet, Zuwanderer der ersten Generation, wie Caresta, die bemerkenswerte Aufbau- und Lebensleistungen in Deutschland erbracht hatten, wie Caresta. Die Kanzlerin überreichte ihm einen Plexi-Glas-Würfel, eingraviert sind die Worte: „Deutschland sagt Danke.”
Und die 200 Geehrten, sämtlich Bürger, die in den 50er und 60er Jahren aus Ländern in der ganzen Welt nach Deutschland gekommen waren, dankten ihrerseits. „Ich habe gar nicht erwartet, dass ein deutscher Politiker etwas fürmich tut.” Und dennoch sei ihm die Auszeichnung wichtig: „Das zeigt, dass man erkannt hat, dass wir Ausländer nicht nur etwas bekommen haben, sondern dass wir auch etwas mitgebracht und viel gegeben haben”, sagt der Wedauer. Einen Spaghettifresser habe man ihn geheißen, als er 24-jährig hierher kam. Die Deutschen? Kartoffelfresser seien sie gewesen. Heute sagt er, dass sich viel geändert habe, kulturell, ess-kulturell. „Die Deutschen essen viel mehr Nudeln als früher,wir essen mehr Kartoffeln.” Dass Integration gar nicht so selbstverständlich ist, stellte der Mann, der aus den mittelitalienischen Abruzzen nach Duisburg kam, früh fest – und beschloss, etwas für die Verständigung zu tun: „Ich habe über Jahre im Ausländerbeirat mitgearbeitet.” Über ihre Pflichten und Rechte im Sozialstaat klärte er Landsleute auf, „gerade wenn jemand hierher kommt, der noch nicht so gut deutsch spricht, braucht er oft Hilfe.”
Doch mit Änderung des Wahlverfahrens und der damit verbundenen neuen Zusammensetzung im Ausländerbeirat verließ das stellvertretende Mitglied das Gremium, „wenn dort jemand gebraucht würde, ich würde das gerne wieder machen.” Doch über zu viel Freizeit muss sich der Rentner nicht beklagen: „Meine Frau arbeitet ja noch in den Städtischen Kliniken. Da gibt es hier im Haus immer genug zu tun.” Zwei Jahre dauere es, bis sie in Rente gehen könne. Ob er dann zurück gehen möchte in seinen Geburtsort L’Aquila? „Früher waren wir hier die Gastarbeiter, aber wenn wir jetzt in Italien sind, sindwir die Gastrentner.” Und dennoch – den Bezug zum Heimatland verlor auch die nachfolgende Generation nicht. „Meine Tochter lebt und arbeitet in Italien.” Der Sohn hingegen wohne im gleichen Haus, sei fest verwurzelt in Duisburg. Ganz wie Caresta. In Berlin übrigens blieb der 67-Jährige nur einen Tag, „wir sind morgens hingefahren und abends wieder zurück.” Aufregend sei der Besuch im Kanzleramt gewesen, die Bundeskanzlerin sehr menschlich, habe sich locker unter die Gäste gemischt. Den Besuch auszudehnen und eine Nacht in Berlin zu verbringen, kam für Caresta nicht in Frage: „Ich reise immer am liebsten mit leichtem Gepäck. Mit den Händen in den Taschen.”