95 Jahre lang existierte in Wanheim eine katholische Volksschule

95 Jahre lang hat es in Wanheim eine katholische Schule gegeben. Mit dem letzten Schuljahr endete diese Ära. Städtische katholische Grundschule und Gemeinschaftsgrundschule sind fusioniert (wir berichteten).

Wilfried Goertz, ihr letzter Schulleiter, hat in der alten Schulchronik geblättert. Wanheim, das Duisburger „Ratsdorf”, war seit der Reformation protestantisch. Goertz: „Die katholische Bevölkerung kam erst nach der Jahrhundertwende, mit dem Aufbau der Berzelius-Metallhütte (1905) und des MAN Zweigwerks (1910 - später Rheinstahl Wanheim - d. Red.)”

Eine Schule habe es im Dorf schon 1649 gegeben. 1845 bezog sie an der Wanheimer Straße einen Neubau. 1904 hatte die Evangelische Schule mit Heinrich Meyers ihren ersten katholischen Lehrer. Als für das Schuljahr 1913/14 insgesamt 170 katholische Schüler gezählt wurden, entschied die Stadt, eine eigene Katholische Volksschule zu bilden, vorerst in den Räumen der Evangelischen Schule. Wilhelm Amberg, Josef Verburg und Lehrerin Adele Hark bildeten das erste Kollegium.

Die Schulleitung lag vorerst bei Schulrat Lambert Eicker. „In unser jetziges noch bestehendes Schulhaus Am Kreuzacker zieht man erst zum 1. Mai 1915”, so Goertz - und zwar mit 232 Schülern in vier Klassen. Allerdings verfügte der Neubau anfangs nur über drei Klassenräume. Erst 1920 bekam die Schulemit Johannes Lohmüller einen eigenen Rektor. Lohmüller amtierte bis 1932. In seine Zeit fiel die Erweiterung der Schule 1926.

Unter Rektor Heinrich Thönnessen (1932 bis 1940) erreichte die Schule 400 Schü- ler in acht bis neun Klassen. Vorläufig letzter Rektor war Heinrich Allekotte. Von 1941 bis 1946 waren die Konfessionsschulen aufgelöst. Da sich viele Kinder kriegsbedingt in Kinderlandverschickung befanden, arbeiteten beide Volksschulen zusammen. Das Gebäude Am Kreuzacker wurde von einer Uniformfabrik genutzt. Schulleiter Oswald Sorges konnte im Sommer 1946 wieder eine katholische Volksschule eröffnen.

1950 zählte sie 479 Kinder in zehn Klassen. Ab 1956 war Wilhelm Wenz Rektor. In seiner Amtszeit kamen ein Anbau (1960) und die Turnhalle (1964) hinzu. Als Friedrich Langenberg 1965 Rektor wurde, gab es 502 Schüler in zwölf Klassen. 1968 kam dann der große Einschnitt. Wilfried Goertz: „Die Klassen Fünf bis Neun wechseln zur Gemeinschaftshauptschule Beim Knevelshof” - und im Gebäude Am Kreuzacker zog (bis 1973) die neue Gemeinschaftsgrundschule ein.

Die Schulleiter wechselten von da an häufiger: Rektor Zimmermeier (bis 1970),Siegfried Wolf (1971 bis 1978), Wolfgang Preußner (1978 bis 1980). Dann trat mit Wilfried Goertz wieder Kontinuität ein. Hatte die neue Grundschule 1973 noch über 260 Schüler, waren es 1988 noch 98. Zur Entlastung der Nachbarschule wurden zuletzt verstärkt Schüler mit Migrationshintergrund aufgenommen. Die Schülerzahl stieg so bis 2002 wieder auf über 200 an.

Zuletzt waren es rund 180 Schüler. Wilfried Goertz erinnert sich gerne an besondere Aktivitäten: Fahrten ins Schullandheim auf Juist, am Biggesee oder im Westerwald in den 80er Jahren, das Schulfest von 1983 zugunsten des Kinderdorfs in Oberhausen, Projektwochen wie die „Märchenwoche 1997” oder die Gründung eines Schulchors zur Einweihung einer Gedenktafel an der Rheinpromenade 1995. Vor acht Jahren hatten Väter in Eigenleistung das ungemütliche Lehrerzimmer zum „Leseparadies” umgestaltet.

Wirre Zeiten in Wanheim

Zitate aus der Schulchronik der Katholischen Volksschule Wanheim 1914 bis 1924

12. September 1914: „Da während der Ferien eine große Zahl Lehrer eingezogen und manche freiwillig zu den Fahnen geeilt waren, musste der Unterricht gekürzt werden.” Dezember 1918: „Dann begann der Durchzug unserer Truppen - rückwärts. So zogen die Klassen zur Landstraße und begrüßten unsere Krieger.” März 1920: „Die Kommunisten hatten Duisburg und das ganze Industriegebiet besetzt. Die Gewaltherrschaft währte drei Wochen. Ostersamstag sah unser Ort die zurückflutenden Spartakisten. Alles atmete auf.” 20. November 1921: „Die sittliche Verrohung unserer Kinder macht weitere Fortschritte. Das Elternhaus versagt so gut wie ganz.” Dezember 1922: „Die Schulversäumnisse werden größer, eine erziehliche Einwirkung der Schule ist unmöglich, da das Elternhaus Diebstähle seiner Kinder fördert.” Dezember 1923: „Die Leistungen der Klassen stehen zurück infolge des zusammengewürfelten Schülermaterials. Die Eltern sind zu 40 % Ausländer.” 31. März 1924: „Lehrer Haferkamp ist ausgeschieden, hatte sich sittliche Verfehlungen zuschulden kommen lassen