Wanheimerort.
Gebetsbänke und Gesangsbücher schmücken normalerweise die Kulisse der evangelischen Gnadenkirche auf der Calvinstraße. Doch am Montagabend ist von andächtiger Stille im Wanheimerorter Gotteshaus nichts zu spüren: Frauen wuseln umher, amüsieren sich bei einem Gläschen Sekt und freuen sich, altbekannte Gesichter wiederzusehen. Es ist die dritte Ladies’ Night der Stadtteiloffensive Wanheimerort. An verschiedenen Ständen von Duisburger Händlern können die Damen nach Kleidung, Kosmetik oder Schmuck schauen.
Aus den Lautsprechern ertönt Stimmungsmacher Mickie Krause, der mit seinem Schlagerhit „Schatzi, schenk mir ein Foto“ die Massen einheizt. Rund 180 Karten wurden verkauft, hauptsächlich an die Damenwelt. Doch vereinzelt irrt auch der eine oder andere Herr umher. „Ich weiß eigentlich gar nicht, wieso ich hier bin“, scherzt Rainer Kampmann, der seine Frau begleitet. Er steht etwas abseits vom Geschehen und hält nach Gleichgesinnten Ausschau. Mit Erfolg: Vier andere Männer hat der Oberhausener immerhin schon gesichtet.
Ohne männliche Gesellschaft ist Besucherin Brunhilde Hill erschienen, die sich für den Abend extra in Schale geworfen hat: Anstatt einer legeren Jeans trägt sie eine schicke schwarze Hose, dazu ein türkisfarbenes T-Shirt. Ihr Mann wird das Geschehen wohl nur von außen miterleben. Er holt sie später mit dem Auto ab. „Er war nicht interessiert daran mitzukommen“, glaubt die 69-Jährige. „Aber ehrlich gesagt hab’ ich ihn auch nicht gefragt.“
Models zeigen Wintermode
Marion Hendrichsen, Vorsitzende der Stadtteiloffensive, kündigt die erste Modenschau des Abends an. In der Mitte des Kirchsaals ist eine breite Fläche für die Mannequins freigeräumt. Nacheinander stolzieren sie nun an staunenden Gesichtern vorbei und präsentieren die neuesten Trends für die kalten Wintertage.
Die Models Tatjana Weber und Lena Gellert sind erstaunt, als sie die Gnadenkirche betreten:„Wir dachten, hier ist weniger los.“ Bei ihrem Auftritt wirkt die Aufregung wie verschwunden. Selbstbewusst laufen sie – mal im hellen Daunenmantel, mal im luftigen Ausgeh-Top – an den Zuschauern vorbei.
Auch Hutmacherin Susanne Arnken hat ihre selbst gefertigten Unikate mitgebracht, einige davon sogar ganz im Stil des Oktoberfests. Die grasgrünen Filzhüte passen zur gesamten Saal-Atmosphäre: Über der Gebetshalle hängt eine blau-weiß karierte Bayern-Girlande, Model Lena Gellert läuft mit einer grauen Trachtenjacke über den Catwalk. Und die Kellnerinnen bedienen die gut gelaunten Damen im Dirndl. „Dass die Hüte jetzt zur Deko passen, war aber keine Absicht“, bemerkt Arnken und lacht über den Zufall.
Aus den Lautsprechern schallt schon der nächste Hit: „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ singt Nena und sorgt in der Kirche für alles andere als besinnliche Stimmung.