Buchholz. . Sie regelmäßig die Bewohner des Seniorenzentrums Altenbrucher Damm – teilweise bis ans Sterbebett. Ihr Dasein weckt Emotionen und Erinnerungen

Annemarie Boldt streckt langsam ihre Arme nach vorne. Ihre Finger greifen vorsichtig nach Luna. Ganz nach Gespür, denn sie ist blind. „Gib Pfötchen“, sagt Hundetrainerin Manuela Roßkothen. Auf Kommando streckt der Jack Russell-Mix seine Pfote aus. Boldt greift nach ihr und würde am liebsten gar nicht mehr loslassen. So geht es allen Bewohnern des Seniorenzentrums am Altenbrucher Damm, wenn sie Luna treffen. Seit fünf Jahren besuchen die Ehrenamtlerin Roßkothen und die neunjährige Begleithündin die Bewohner im Altenheim – das Highlight im Alltag.

Lunas Besuch wird immer sehnlichst erwartet

Seit Beginn gehört Walter Altenburg zu der Hunderunde. Den Besuch von Luna kann er kaum erwarten. Sehnsüchtig wartet er so manches Mal am Parkplatz auf die weiß-braune Hündin. „Er und Luna haben eine ganz starke Verbindung“, erzählt Marianne Schroers, Fachkraft im sozialen Dienst. Die beiden gehen sogar bei schönem Wetter zusammen spazieren. Dann sitzt Luna auf seinem Schoß und lässt sich im Rollstuhl seelenruhig durch die Gegend fahren. „Das sorgt natürlich für Gesprächsstoff“, weiß Schroers.

Der Kontaktaustausch ist aber nur einer von vielen positiven Effekten, die der Besuch des kleinen Vierbeiners mit sich bringt: „Ein Hund ist ein Herzensöffner. Er kann Erinnerungen wecken, Menschen zum Strahlen bringen und sorgt außerdem für Bewegung.“

Das Treffen findet einmal wöchentlich in der Gruppe statt. Für Bewohner, die nicht gerne in Gesellschaft sind, kommt die Hündin ein weiteres Mal zur Zimmervisite vorbei. „Dann bringt Luna Stimmung in die Bude“, schmunzelt Roßkothen. Und das kann sie. Mit kleinen Kunststücken sorgt sie für Gelächter. Die Aufmerksamkeit scheint sie zu genießen.

Feuchte Küsschen für Leckerlis

Immer wieder setzt sich die Hündin inmitten des Rollstuhlkreises, die Nase streckt sie in Richtung der Leckerlis. Sie bellt nicht, sondern bettelt anders um ihre Belohnung: Vorsichtig springt Luna auf den Schoß von Hertha Brockerhoff und gibt ihr ein feuchtes Küsschen. Die Bewohnerin genießt den Kontakt sichtlich. Obwohl es ihr heute nicht so gut geht, wollte sie unbedingt zu Luna. Sie scheint es zu merken und lässt sich nieder. Auf die Frage, ob der Mittwoch ihr Lieblingstag ist, antwortet Brockerhoff: „Ja sichaaa! Das ist der schönste Tag der Woche.“

Die Reaktionen freuen Roßkothen. Das Lächeln der Bewohner gibt ihr etwas zurück. Ein Grund, warum sie sich auch immer wieder neue Aktivitäten einfallen lässt: „In der Weihnachtszeit bringt Luna als Weihnachtsmann verkleidet die Geschenke zu den Bewohnern, an Karneval trägt sie auch gerne mal ein Papphütchen.“ Daran können sich auch teilweise noch die dementen Bewohner erinnern. „Sie vergessen Vieles, aber an Luna erinnern sie sich“, freut sich Schroers. Ihr einfaches Dasein bewirkt Reaktionen, die der Mensch teilweise nicht auslösen kann.

Und auch in der schlimmen Zeit des Abschiednehmens zeigt die Hündin emotionale Stärke und steht dem Menschen als Sterbebegleiterin bei. „Das sorgt ein letztes Mal für ein kurzes Aufflackern“, schildert Schroers. Brockerhoff bringt es auf den Punkt: „Ein Tier ist einfach immer für einen da.“