Buchholz. . Wie gehe ich richtig mit Demenzkranken um? Im Seniorenzentrum Altenbrucher Damm gibt es dazu eine Fortbildung. Ein Interview zum neuen Angebot
Angehörige von Demenzkranken entlasten, das ist das Ziel von Betreuungscafés wie dem Café Röschen. Auch der Häusliche Unterstützungsdienst zählt dazu, bei dem Ehrenamtliche ein- oder mehrmals in der Woche Demente zu Hause besuchen, mit ihnen zum Beispiel spazieren gehen oder spielen. Im September startet im Seniorenzentrum Altenbrucher Damm eine Fortbildung zur qualifizierten Demenzbegleitung, die sich an Ehrenamtliche richtet. Mit Christine Jansky vom Anbieter Evangelisches Christophoruswerk hat sich WAZ-Redakteurin Monique de Cleur darüber unterhalten.
Spielen und Spazierengehen – wozu bedarf es da einer Fortbildung?
Christine Jansky: Es ist wichtig, dass ich ein Verständnis für Demenzkranke bekomme. Die verhalten sich oft ganz anders. Manche denken, sie können einen Demenzkranken behandeln wie ein Kind, aber er ist weiterhin erwachsen. Wenn ich etwas zum fünften Mal sage und dabei freundlich bleiben muss, das ist schwierig. Das muss man lernen.
Was muss ich im Umgang mit dementen Menschen beachten?
Dass ich den Menschen als Person, als Persönlichkeit respektiere. Sein Wunsch ist das, worauf ich eingehen muss. Wenn jemand wieder nach Hause will, dann will er in die Geborgenheit zurück. Dann kann ich mich mit ihm über sein Zuhause unterhalten. Oder ihn zu einer Ablenkung führen: Ihn die Jacke anziehen lassen, eine Runde zusammen gehen. Nicht erklären, dass er nicht mehr nach Hause kann, sondern darauf eingehen, dass er die Mutter vermisst, in die Erinnerung gehen. Je mehr ich auf die Realität poche, desto weniger Vertrauen hat er, und desto mehr Aggression.
Für Demenzkranke werden Tote wieder lebendig, während Lebende in der Vergessenheit versinken. Soll man das korrigieren?
Wir hatten einen Mann, der hat am Telefon seine Frau gesucht. Wenn er hörte, sie ist tot, ist er jedes Mal wieder in Trauer verfallen. Da kann es helfen, zusammen zum Friedhof zu gehen oder sich aufs Vermissen zu konzentrieren, und ihn dann abzulenken. Demente Menschen können zwar viele kognitive Sachen nicht, aber das emotionale Gedächtnis ist fast bis zum Schluss da.
Wie reagiere ich richtig, wenn ein Mensch mich nicht erkennt?
Richtig kann man nicht sagen. Wenn der Betreuer merkt, er wird als Fremder empfunden, verhält er sich auch so: Ich stelle mich vor, erkläre, was ich mache, frage um Erlaubnis. Waschen ist nicht immer lebenswichtig. Wenn er heute nicht will, ist das sein Recht. Auch Sie dürfen sich mal nicht waschen. Auch als Angehöriger bringt es nichts zu sagen: Ich bin Deine Enkelin, Deine Frau, Dein Mann. Man kann einfach sagen: Ich bin Elke. Ich bin dann vielleicht nur noch ein vertrauter Mensch.
Im frühen Stadium sind sich Demente oft bewusst, dass sie sich selbst vergessen. Wie kann man trösten?
Indem man sagt: Ich versuche, Dir zu helfen. Auf Hilfsmittel zurückgreift. Am Anfang hilft Aufschreiben. Was überhaupt nicht hilft, ist, auf die Probe zu stellen: Na, wer ist denn das? Die kennst Du doch, denk mal nach. Sondern zu sagen: Guck mal, da kommt Frau Müller. Dann kann der Demente die Tür aufmachen und sagen: Hallo, Frau Müller. Man sollte die Informationen liefern, die der andere braucht, um so normal wie möglich zu sein. Eine Atmosphäre schaffen, in der falsche Sachen nicht schlimm sind. Wenn er sich sicher fühlt, kann er mehr. Das muss man trainieren: Wie kann ich jemandem helfen, seinen Alltag zu bewältigen? Es geht aber nicht darum, ihm alles abzunehmen. Wenn jemand gerne in der Küche geholfen hat, frage ich ihn: Kannst Du mir helfen? Auch, wenn es ohne seine Hilfe schneller geht.
Was nutzt dem Demenzkranken ein Stündchen Freude, wenn er sie kurze Zeit später wieder vergisst?
Es stimmt, 23 Stunden sind dann immer noch da. Aber ein bisschen schwappt in die andere Zeit rüber. Wenn der Angehörige einen zufriedenen Erkrankten zu Hause vorfindet, entlastet ihn das. Aber es ist nur ein Tropfen.
Zählt der Demente die Zeit bis zum nächsten Besuch – oder vergisst er das Warten?
Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt Menschen, die haben noch eine Wochenstruktur. Bei anderen ist der Besuch gerade gegangen, und sie sagen: Es war überhaupt niemand da. Man kann ihnen dann nur versichern: Ich komme morgen wieder.