Altstadt/Buchholz.. Dei 35-Jährige arbeitete in der Stadtmitte und in Wedau. Freude auf spannende Gespräche und freie Sonntage – als Religionslehrerin in Meiderich
Sarah Süselbeck sitzt in der Eintrittsstelle der evangelischen Kirche, in der Südkapelle der Salvatorkirche. Es sind die letzten Gespräche, die die 35-Jährige derzeit als Pfarrerin führt. Die Frau mit den kurzen blondierten Haaren hat frischen Wind in die Arbeit der Citykirche gebracht, als sie 2013 mit einer halben Stelle die Nachfolge von Peter Krogull antrat. Mit 25 Prozent war sie zudem in „Trinitatis“ angestellt, dort wurde sie nach dem Studium zur Pfarrerin ausgebildet. „Ich habe gemerkt, dass ich gut mit Menschen über den Glauben sprechen kann, die sonst mit Kirche nicht so viel zu tun haben“, erklärt sie.
Die erste Probestunde hat schon gut geklappt
Deshalb wird sie zum Schuljahresbeginn als Religionslehrerin am Max-Planck-Gymnasium in Meiderich unterrichten. Auf die neue Aufgabe freut sie sich. „In der Klasse sind 70 Prozent Muslime. Das sind hochspannende Gespräche – und mir ist wieder aufgefallen, wie wenig die Jugendlichen über den Glauben des anderen wissen“, sagt die Mutter eines Sohnes.
Ihre erste Probestunde hat schon einmal gut geklappt. Ein bisschen hat sie der Unterricht sogar an ihre Schulzeit erinnert. „Die Rollenverteilung in einer Klasse ist immer noch gleich. Es gibt den Klassenclown, den stillen Schlauen oder die, die nur Bahnhof verstehen.“ Sie selbst beschreibt sich rückblickend als „aufmüpfige Schülerin, die alles hinterfragte.“ Zunächst studierte sie nach dem Abi an einer Bocholter Klosterschule Deutsch und Geschichte, und nur im Nebenfach Theologie. „Ich bin nicht christlich im Elternhaus sozialisiert, erst ein Pfarrer hat mich dazu gebracht, diesen Weg einzuschlagen.“
Die Betrachtung der Bibel aus weiblicher Sicht
Die Mitglieder der Trinitatis-Gemeinde schätzten die offene und herzliche Art der jungen Pfarrerin. Für die City-Kirche dachte sich Sarah Süselbeck neue Veranstaltungsformate aus. Sie betrachtete die Bibel aus weiblicher Sicht, veranstaltete eine Jam-Night, bei der Bands in der Salvatorkirche auftraten oder lud im Rahmen des „Akzente“-Festivals eine Künstlerin ein, die sich fast nackt auszog. „Körper als Heimat“ lautete der Titel der Performance. „Anfangs waren vom Presbyterium vielleicht einige skeptisch, aber als sie dann sahen wie ich meine Ideen anging, haben sie mir vertraut“, sagt sie lächelnd. Zu den Zweiflern, und solche, die überlegten, wieder in die Kirche einzutreten, hatte sie immer einen Draht. „Die Fragen und Zweifel gehören zum Leben dazu. Es gibt aber viele Menschen, denen eine Versicherung abseits des Irdischen fehlt.“
Vor allem für Mädchen möchte sie ein Vorbild sein und ihnen zeigen, dass frau selbstbewusst ihre eigene Form des Glaubens leben kann. 20 Stunden wird sie künftig unterrichten. Die Themen sind zwar im Curriculum des Zentral-Abiturs vorgegeben, „aber trotzdem habe ich noch freie Hand, wie ich an die Themen herangehe.“ Ein bisschen erleichtert ist Sarah Süselbeck, dass sie künftig nicht mehr zwei Gemeindekalender koordinieren muss, und beispielsweise zu Weihnachten ganz normal als Besucher in einem Gottesdienst sitzen kann. „Sonntags, wenn bei den Kollegen Primetime ist, habe ich frei. Darauf freuen mein Sohn und ich uns sehr.“ Vielleicht wird sie ab und zu mal einen Gottesdienst übernehmen. Auch für Taufen und Hochzeiten kann sie angefragt werden. Ihren Anrufbeantworterspruch wird sie nicht ändern. Wer sie nicht erreicht, hört: „Ich bin im Auftrag des Herrn unterwegs, rufe aber gerne zurück.“ Sie sagt lächelnd: „Ich bin ja noch im gleichen Verein, spiele nur auf einer anderen Position.“