Großenbaum. Häuser Zu den Wiesen/Zu den Buchen der LEG erhalten Vorbaubalkone. Dafür steigen aber die Mieten stark an.
Seit 52 Jahren wohnt Paul Gabriel (Name geändert) in einer der Etagenwohnungen in der Straße Zu den Wiesen. Ihm und anderen Mietern der Häuser Zu den Wiesen 31 bis 38 und Zu den Buchen 23 bis 29 flatterten jetzt Modernisierungs-Ankündigungen ins Haus. Ihr Vermieter, die LEG, lässt dort im September Balkone anbringen. Paul Gabriel ist nicht einverstanden. Er hat den Mieterschutzbund eingeschaltet.
43,5 Quadratmeter groß ist seine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung. Dafür zahlt er bislang 247,25 Euro Kaltmiete im Monat. Zusammen mit den Vorauszahlungen für Nebenkosten (96 Euro) und den Heizkosten (100 Euro), kommt er, wie er sagt, schon heute auf eine Warmmiete in Höhe von etwa 443 Euro. Das sind zehn Euro pro Quadratmeter. Künftig wären es allein 429,67 Euro Kaltmiete. Denn die LEG erhebt ab Anfang 2017 wegen der Modernisierung 85,42 Euro mehr Kaltmiete - ein Aufschlag um 24 Prozent.
„Viele meiner Nachbarn wollen gar keine Balkone“, sagt er. Wichtiger wäre für Gabriel eine Dämmung der Außenfassade, um die Heizkosten zu verringern. Auf den Balkon kann er gut verzichten, hat er doch einen Schrebergarten. Außerdem kommt er durch den fälligen Einbau einer Balkontür in Raumnot. „Bei einigen Nachbarn kommen die Balkone sogar ans Schlafzimmer“, sagt er. Die hätten noch weniger davon.
Paul Gabriel hat den Mieterschutzbund eingeschaltet. Dessen Geschäftsführer Peter Heß hat die LEG erst einmal um Erläuterungen zu dem Vorhaben gebeten.
Er hat aber schon jetzt Zweifel am Nutzen des Projekts. So sei im Anschreiben an die Mieter von Energiesparmaßnahmen die Rede. Näher ausgeführt werde das nicht.
Und er hat die Vermutung, dass es sich bei den Balkonen um eine Luxus-Modernisierung handelt. „Das sind Modernisierungen, die über den üblichen Standard hinausgehen“, sagt er. Vorsatz-Balkone an Schlichtwohnungen der frühen 50er Jahre gehören für ihn dazu.
„Da kommt es auf den Einzelfall an, ob das für den Mieter wirklich eine Verbesserung darstellt“, sagt der Mieterschützer. So könnte dem künftigen Vorteil, im Sommer draußen sitzen zu können, der empfindliche Nachteil gegenüberstehen, dass der Mieter durch den nötigen Einbau einer Balkontür den Platz für einen Schrank verliert oder für den Sessel im Wohnzimmer.
In so einem Fall wäre die Modernisierung nicht zumutbar. Heß: „In solchen Fällen haben Gerichte schon entschieden, dass der Vermieter zwar den Balkon anbauen kann, aber bis zum Mauerdurchbruch für die Balkontür auf seinen Auszug aus der Wohnung warten muss.“
23 Prozent über dem Mietspiegel
Vor allem die höhere Miete müsse der Mieter dann nicht zahlen. Erfahrungsgemäß verfolgen laut Heß viele Vermieter mit Luxus-Modernisierungen das Ziel, über die Miethöhen-Grenzen des Mietspiegels hinaus die Miete anheben zu können. Bei Modernisierungen ist das zulässig. „90 Prozent aller Mieter wehren sich nicht dagegen“, sagt er. Da hätten Vermieter oft leichtes Spiel. Und da kleine Wohnungen am Markt sehr gefragt seien, gäbe es dafür genug Nachfrage. Nach Mietspiegel wären für Wohnungen Zu den Wiesen maximal 5,74 Euro fällig. Es sollen aber 7,06 Euro werden.
Auf Anfrage der Redaktion nahm die LEG in Düsseldorf zu ihrem Modernisierungsprojekt Stellung. Zunächst entschuldigt sich das Wohnungsunternehmen bei seinen Mietern, dass fälschlich im Anschreiben an sie auch von Energieeinsparungen die Rede ist. „Selbstverständlich senkt die Anbringung von Balkonen nicht die Nebenkosten“, so LEG-Sprecher Mischa Lenz.
Seine Kollegin Kathrin Jansing betont, Balkone würden einen Mehrwert für die Mieter schaffen und seien sehr beliebt. Dadurch steige der Wohnwert deutlich, vor allem in einer so ruhigen Wohnanlage wie hier. „Unser Ziel ist es, die Wohnqualität zu erhöhen und die Wohnungen weiterzuentwickeln.“
Die geplanten Balkone würden die Wohnfläche nicht reduzieren. Jansing: „Die neue Balkontür wird anstelle eines Fensterelementes eingesetzt.“ Allerdings müsse dazu der Heizkörper versetzt werden. Das alles geschehe aber „mit so geringen Einschränkungen für unsere Mieter wie möglich.“
Die Mietererhöhungen würden deutlich unterhalb der gesetzlich möglichen Erhöhungen liegen. „Hier haben wir auf durchschnittlich 40 % der erlaubten Erhöhung (rund 0,80 €/m²) verzichtet“, so Jansing. Die neuen Mieten seien auch erst ab 1. April 2017 zu zahlen. Ob eine Fassadendämmung sinnvoll sei, werde man in Zukunft prüfen.
Dass hier eine unzulässige Luxus-Modernisierung geplant sei, weist Mischa Lenz entschieden zurück. „Luxus-Modernisierungen führt die LEG generell nicht durch.“ Dazu habe man sich gegenüber dem früheren Eigentümer, dem Land NRW, verpflichtet.