Buchholz. . Angelika Stienecke zeigt Kunstwerke aus Teer: gesammelt, gemalt, glasiert. Ihre Ausstellung ist die letzte im Weiterbildungszentrum der Stadt.

Dass die letzten Tage des Zentrums für Aus- und Fortbildung der Stadt Duisburg an der Lüderitzallee in naher Zukunft liegen, ist mittlerweile bekannt. Uwe Stemmler, Leiter des Instituts seit 1994, freut sich trotzdem darüber, aus der verbleibenden Zeit in der ehemaligen Hauptschule das Beste machen zu können. Wie schon mehrmals in den vergangenen Jahren durfte Stemmler nun noch einmal, kurz vor Ladenschluss, eine Kunstausstellung im Haus eröffnen. Werke von Angelika Stienecke aus Duisburg stehen ab Freitag im Treppenhaus des Instituts zur Besichtigung bereit. Dabei ist das Treppenhaus selbst schon ein Hingucker, der offene Charakter und die bürokratische Schlichtheit bieten eine hervorragende Kulisse für die ungewöhnlichen Werke Stieneckes.

Die weiß gestrichenen Wände sind gleißender Kontrast zu den schwarzen Werken der Künstlerin. Die Leinwände sind dabei aber nicht mit schwarzer Farbe bemalt, sondern mit verdünntem Teer überzogen. Die Idee dazu kam Stienecke bei Bauarbeiten vor ihrer Haustür. Die zwei Klischee-Bauarbeiter im Feinripp seien von der Begeisterung der Künstlerin für ihre Arbeit zwar ein wenig irritiert gewesen, „aber dann haben sie mir einen Baumarkt empfohlen, bei dem ich dann 30 Liter Teer gekauft habe“, erinnerte sich die Künstlerin.

Geteerte Blumen, geteertes Altpapier, geteertes Frühstück

„Hatch“, schlüpfen, heißt diese Installation aus Mullbinden-Gewand und Vogelnest.
„Hatch“, schlüpfen, heißt diese Installation aus Mullbinden-Gewand und Vogelnest. © Funke Foto Services

Nachdem sie die richtige Dosierung für ein sattes Schwarz gefunden hatte, war fortan nichts mehr sicher vor einer spontanen Teerglasur. So gibt es an der Lüderitzallee jetzt geteerte Blumen zu sehen, geteertes Altpapier und ein komplett geteertes Frühstück, dessen Schimmel sich langsam durch die schwarze Masse an die Oberfläche kämpft.

Die Inspiration dafür hat Stienecke aus dem Alltag gezogen. „Ich habe alltägliche Dinge genommen, auch weil ich gerne Dinge wiederverwende, und will mit dem Teer zeigen, wie achtlos viele Menschen mit der Natur umgehen“, sagt sie. Dass sich die Natur so leicht dann doch nicht geschlagen gibt, zeigt ein weiteres Werk. Zwei geteerte Eicheln, die nach der Ausstellung wieder in den Wald zurückkommen und daher unverkäuflich sind, liegen nebeneinander auf zwei Podesten. Durch die Teerschicht der einen Eichel sind trotz des giftigen Überzugs Blätter und Wurzeln gebrochen, ein seltener Farbtupfer im sonst eher monochromen Werk im Treppenhaus.

Die Werke versprühen eine bemerkenswerte Vitalität

Mag die Ausgangslage, geteerte Leinwände mit gemalten Motiven oder eingeteerten Objekten, in der Theorie eher unspektakulär anmuten, so entwickeln die Werke im einsamen Treppenhaus eine seltsame Anziehungskraft. Die minimalistischen Motive lassen den Betrachter das Werk augenblicklich erschließen, so dass die meditative Grundstimmung der Bilder durch keine hochkomplexen Strukturen oder verwinkelten Pinselstriche gestört wird. Die Verwendung des Teers sorgt dabei für einen ungewöhnlichen Glanz auf der Oberfläche der Bilder. Und auch wenn sich die Künstlerin ein wenig des Teergeruchs für ihre Bilder gewünscht hätte, ist der beißende Gestank frisch geteerter Straßen komplett verflogen. Dafür sorgt das außergewöhnliche Material für eine ungewöhnliche Oberflächenstruktur, die eine solche Vitalität versprüht, dass der Betrachter glauben könnte, bei der Berührung der Leinwand in der zähen Masse kleben zu bleiben.

Noch bis zum 8. Juli können sich Besucher montags bis freitags von 9 bis 21 Uhr ein Bild von der Ausstellung machen. Die Exponate befinden sich im Treppenhaus der Lüderitzallee 27.