Süd. . Zwei Kontrolleure der Wirtschaftsbetriebe laufen jeden einzelnen Straßenmeter im Duisburger Süden zu Fuß ab. Sie suchen und melden Dreck.
Heike Junker wird quasi fürs Spazierengehen bezahlt. Den Blick auf den Boden gerichtet, hat sie schon jeden einzelnen Meter Straße im Duisburger Süden beschritten. Grashalme, die auf den Radweg wuchern; auf den Bürgersteig gespuckte Kaugummis, Zigarettenkippen am Straßenrand, darauf richtet die Spaziergängerin mit Sonderauftrag ihr Augenmerk. Was sie findet, vermerkt und bewertet sie digital. Findet sie wenig, passiert nichts. Findet sie viel, zu viel, rücken die Wirtschaftsbetriebe (WBD) zum Aufräumen aus: Junker ist eine von zwei Qualitätskontrolleuren im Duisburger Süden. In diesen Tagen begleiten sie Bezirksvertreter bei ihren Patrouillen. Zum ersten Mal lassen sich die Qualitätskontrolleure bei ihrer Arbeit von den Politikern desDuisburger Südens über die Schulter blicken.
Keine Scherben: Note Eins
Von Kreuzung zu Kreuzung läuft Junker den Straßenabschnitt entlang, an diesem Tag die Straße Beim Knevelshof von der Kaiserswerther Straße bis zur Ehinger Straße. Und zurück. Am Ende notiert sie, was ihr aufgefallen ist: Fäkalien und Scherben hat sie nicht gesehen, Note Eins; Papier, Kaugummi, Laub lagen vereinzelt da, wo es nicht hingehört: Note Zwei. Schlechter wird es auf diesem Abschnitt heute nicht, „das ist eigentlich Durchschnitt“, sagt die Kontrolleurin.
Eine Software errechnet Noten zwischen Eins und 30
Darüber freut sich Volker Jansen, Leiter des Bereichsmanagements bei den WBD. Denn was Junker und ihre stadtweit drei Kollegen eintragen, wird von einer Software ausgewertet zu einer Note zwischen eins und 30, wobei eins utopisch ist und 30 ein Drecksloch. Beide Zahlen sind hypothetisch; „Zielnote bei uns ist eine zehn“, und ein paar Schulnoten-Zweien von Junker führen schnell weg von der Software-Eins in Richtung Zehn.
Zehn Kriterien geht Junker durch, trägt ein, ob ein Haufen auf dem Gehweg lag oder eine Plastiktüte im Grünbereich. „Hundekot und Scherben wiegen schwer“ bei der Auswertung durch die Software, erklärt Jansen. Auch der Ort des Unratfundes spielt eine Rolle: Scherben an einem Spielplatz ziehen die Note deutlich weiter herunter als Scherben an einer Wand.
Zuständig für 24 Stadtteile
Von der Ackerstraße in Großenbaum bis Zur Wolfskuhl in Wedau kennt die Kontrolleurin jeden Straßenmeter im Süden, wobei der Süden sich in diesem Fall bis hoch nach Ruhrort erstreckt, erst dort endet nach 24 Stadtteilen ihre Zuständigkeit. Nach einem halben Jahr hat sie ihre Füße auf jede Straße in diesem Bereich gesetzt, dann beginnt die Tour von vorne. Allerdings nie in derselben Reihenfolge: Die ist zufällig, ob als Stichprobe oder als Kontrolle nach der Straßenreinigung. „Keiner weiß, wann welche Straßen überprüft werden“, sagt Jansen.
Drei bis fünf Kilometer Fußmarsch täglich
Die Straße, auf der Junker nichts zum Eintragen findet, gibt es nicht. „Etwas liegt immer, und wenn es Kaugummi ist“, sagt sie. Eine Sechs können die WBD nicht schreiben, sie kommt in ihrem Schulnotensystem nicht vor. Schon eine Vier oder Fünf ist selten: Vielleicht einmal im Monat, schätzt Junker, liegt ihr eine solche Dreckecke zu Füßen. Die wird gemeldet und beseitigt. „Das geht schnell“, sagt CDU-Bezirksvertreter Uwe Wascht, „ich hab’ auch schon ein paar Mal angerufen.“
Bis zu 15 000 Straßenabschnitte bilden den Duisburger Stadtplan, da kommt für jeden Kontrolleur ein ganz schöner Fußmarsch zusammen. „Drei bis fünf Kilometer täglich“ läuft Junker, bei Sonnenschein wie bei Regen. Nur bei Schnee geht sie nicht auf Tour: Der kehrt den Dreck unter seine weiße Decke.