Buchholz/Wedau. . Die evangelische Kirchengemeinde Trinitatis wird bis zum Jahr 2030 einen Weg der Veränderung gehen. Buchholz bleibt Kirchenstandort, die Kirche in Wedau wird zum Gemeindesaal umgebaut

Der evangelischen Kirchengemeinde Trinitatis stehen in den kommenden Jahren große Veränderungen bevor. Ab 2020 wird es ausschließlich gemeinsame Gottesdienste geben, drei Jahre später wird die Kirche am See in Wedau zum Gemeindesaal umgebaut, ein Jahr später soll dort der eigentliche Gemeindesaal abgerissen werden. Die Gottesdienste der Gemeinde finden ab 2023 ausschließlich in der Jesus-Christus-Kirche in Buchholz statt. Dort wird 2025 das Gemeindehaus abgerissen. Über den Prozess berichten die Pfarrer Dirk Sawatzki (Wedau) und Dietrich Köhler-Miggel (Buchholz) zusammen mit dem Vorsitzenden des Presbyteriums, Ralf Drückes. Das Gespräch führte Redakteurin Annika Matheis.

Wie würden Sie einem Außenstehenden beschreiben, vor welchen Aufgaben Ihre Gemeinde in der nächsten Zeit steht?
Dietrich Köhler-Miggel: Mir ist wichtig: Wir wollen etwas in Zukunft ermöglichen. Ich will weg von negativ besetzten Begriffen wie Abbau und Rückbau. Es geht um die Ermöglichung von Zukunft. Diese Aufgabe sehen wir – und das auch schon in der Gegenwart.

Was war der Auslöser für die neue Art zu denken und zu handeln?
Ralf Drückes: Ein Auslöser ist die mittel- und langfristige finanzielle Entwicklung in den Kirchengemeinden. Bei Rechenspielen war eigentlich klar: So weitermachen wie jetzt hieße für 2030, dass wir uns nahe an der Zahlungsunfähigkeit bewegen. Ein weiterer Auslöser war die Entwicklung der Pfarrstellensituation in der Landeskirche insgesamt, die uns spätestens ab dem Jahr 2030 betreffen wird. Die Landeskirche geht davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt noch 1000 Pfarrer im Dienst sind. Zurzeit sind es noch 2000.
Dirk Sawatzki: Diese 1000 Pfarrstellen haben wir unter der Voraussetzung, dass im Rheinland im Jahr 50 neue Nachwuchstheologen in den Dienst kommen. Im Moment liegen wir bei 20. Das heißt, es ergibt sich eine jährliche Lücke von 30, die da klafft. Das bedeutet, nicht jede Pfarrstelle, die ausgeschrieben wird, wird auch besetzt sein.

Zur finanziellen Entwicklung der Gemeinde, zu den Investitionen – von welchen Summen gehen Sie konkret aus?
Sawatzki: Bereits vor Jahren waren wir angehalten, eine sogenannte Gebäudestrukturanalyse anzufertigen. Es hat sich herausgestellt, dass unsere Gebäude in unterschiedlichem Zustand sind. Insgesamt aber würde in den nächsten zehn Jahren eine Investition von 700 000 Euro nötig. Diese 700 000 sehen wir so schon mal gar nicht. Es wurde klar: Im Gebäudebereich müssen wir uns kleiner setzen.

Ist Ihnen die Entscheidung zur Schließung, etwa des Kirchenstandortes in Wedau, leicht gefallen?
Köhler-Miggel: Es ist sicherlich leichter, die Augen zuzumachen. Dann sehe ich die Probleme nicht, dann gibt es sie auch nicht.
Wie verlief der Denkprozess?
Sawatzki: Ein Gedanke war, dass wir beide Zentren komplett abreißen und in der Mitte etwas Neues bauen. Möglich hätte auch sein können: Wir schließen einen Standort komplett und bauen den anderen aus. Wir haben uns aber aus gutem Grund dafür entschieden, die beiden besten Stücke, die auch am symbolträchtigsten sind, zu erhalten. Es sind die beiden Kirchen, darauf wollen wir uns beschränken.

Für Wedau als Kirchenstandort waren die Ideen, die aufkamen, ja nicht ganz neu . . .
Sawatzki: Das stimmt. Denn als wir 2005 die Kirche am See umgebaut haben, haben wir das unter der Maßgabe gemacht, dass unsere Kirche nach dem Umbau so angelegt sein soll, dass sie als Mehrzweckgemeindehaus genutzt werden kann. Wir hatten also da schon im Blick, dass wir uns den gesamten Bestand auf Dauer nicht leisten können und uns irgendwann von dem Gemeindehaus trennen müssen.
Drückes: Und, was sicherlich auch noch eine Rolle spielte: Mit Blick auf die Gottesdienstzahlen gerade zu besonderen Anlässen wären wir in Wedau schlicht an Kapazitätsgrenzen gestoßen.

Wie haben die Gemeindeglieder die getroffenen Entscheidungen aufgenommen, wie haben sie darauf reagiert?
Köhler-Miggel: In der entscheidenden Gemeindeversammlung ist es erstaunlich still gewesen. Das war aber kein resigniertes, kein brütendes Nach-innen-Gehen.
Sawatzki: Man hat gespürt, dass wir uns das nicht mal eben so aus einer Laune heraus ausgedacht haben. Die Fakten konnten sicher nachvollzogen werden. Und es musste klar sein, dass jede andere Lösung nur eine schlechtere sein kann.
Drückes: Ich denke, dass wir jetzt einen Prozess starten können, der von der ganzen Gemeinde mitgetragen werden kann. Wir haben in den vergangenen Jahren schon zunehmend mehr gemeinsame Gottesdienste und die Gemeindefeste zusammen gefeiert. Die Chöre re­krutieren ihre Mitglieder aus beiden Gemeindebereichen – wir sind also schon auf dem Weg.

Die geplanten Veränderungen innerhalb der Gemeinde, sie bringen auch etwas Positives mit sich . . .
Köhler-Miggel: Ja, absolut. Die bisher eingeschlagenen Schritte brachten für viele auch positive Erlebnisse und Erfahrungen. Es gibt ein menschliches Zueinander. So, wie man Freunde in Wedau besucht, geht man jetzt auch in Wedau in die Kirche. Ich glaube, unterm Strich haben die Gemeindemitglieder bemerkt: So, wie wir es in den vergangenen zehn Jahren angelegt haben, hat es sie bereichert. Und genau deswegen sind sie bereit, weiter diesen Weg zu gehen, der auch schmerzhaft ist.

Stichwort „schmerzhaft“ – es war sicherlich für alle Gemeindeglieder kein einfacher, schmerzloser Prozess.
Drückes: Im Laufe der entscheidenden Presbyteriumssitzung gab es viele, die gesagt haben: Ich beschließe das mit, ich trage das mit, aber ich weine trotzdem. Ich denke, das gilt für alle in irgendeiner Art und Weise. Es gibt einige, die sagen, in der Kirche in Wedau bin ich getauft worden, da habe ich geheiratet. Da hängt dann schon das Herz dran.
Dietrich Köhler-Miggel: Das Entscheidende ist, dass die Menschen ihre Herzen an die Gemeinde und ihr Leben hängen.

Sehen sie die Gemeinde auf einem guten Weg?
Sawatzki: Es wird jetzt spannend, wie der Weg wird. Mit der Gemeindeversammlung und dem anschließenden Beschluss haben wir das Ziel abgesteckt. Nun muss der Rahmen inhaltlich gefüllt werden. Das ist die Aufgabe, die auf das Presbyterium in Zusammenarbeit mit der Gemeinde zukommt.

Was steht in der nahen und fernen Zukunft bevor?
Sawatzki: Es wird sehr viele Arbeitsgruppen geben, in denen ganz viele Fragen zu lösen sind, etwa im Bereich Gottesdienste, Gebäude und so weiter.

Sind Sie schon von anderen Gemeinden im Süden angesprochen worden, gibt es gar schon Kooperationen, verschiedene Wege der Zusammenarbeit?
Sawatzki: Die Aufgaben, vor denen wir stehen, zeigen, dass in Zukunft nicht mehr jede kleine Gemeinde für sich in der Lage sein wird, das Angebot in vollem Umfang anzubieten und aufrechtzuerhalten. Wir stehen in engem Austausch mit den anderen vier Gemeinden im Duisburger Süden.

Dabei geht es um die Frage, wie man gemeinsam wichtige Aufgaben anbieten, bewältigen, auf die Reihe bekommen kann. Wo kann man sich gegenseitig entlasten, wo hat welche Gemeinde ihre Stärken, und wo kann eine andere Gemeinde sich zurücknehmen und dafür andere ihre eigenen Stärken leuchten lassen?