Großenbaum. . Defibrillatoren gibt es an immer mehr Standorten. Aber kann sie auch jeder richtig benutzen? Immerhin gilt es, das Brustbein des Patienten fünf Zentimeter tief einzudrücken.

Sein Einsatz kann Leben retten. Deshalb ist er mehr und mehr in öffentlichen Gebäuden verfügbar. Die Rede ist vom Defibrillator (Defi), dem Schockgeber beim plötzlichen Herzstillstand. Allerdings gilt es für Laien, beim Einsatz des kofferradiogroßen Geräts einiges zu beachten. Vor allem die gleichzeitige Herz-Lungen-Wiederbelebung will gekonnt sein. Wie’s geht, zeigte jetzt eine Defi-Schulung beim Pflegedienst Hirschel.

Plötzlich bewusstlos

Selcuk Cankaya von der Essener Firma Lukas Medical unterweist an diesem Tag Interessierte. Sowohl im Büro von Hirschel an der Saarner Straße 18b (dort nur während der Bürozeiten), als auch in deren Intensivpflege-Wohngemeinschaft an der Angermunder Straße 27 (dort rund um die Uhr) steht je ein Defi zur allgemeinen Benutzung zur Verfügung. „Benötigt wird er aber nur, wenn ein Mensch plötzlich bewusstlos wird und gleichzeitig seine Atmung aussetzt“, sagt der ausgebildete Rettungssanitäter. Atmet der Betroffene dagegen noch, muss er bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes in die stabile Seitenlage gebracht werden, damit die eigene Zunge oder Erbrochenes bei ihm nicht zum Ersticken führen.

Entscheidend ist nach den Worten Cankayas die gekonnte Herzdruck-Massage. Mit übereinander gelegten Händen und gestreckten Armen gilt es zunächst, in Höhe des Brustbeins zwischen den Brustwarzen innerhalb von 20 Sekunden gezielt 30 Mal den Brustkorb des am Boden Liegenden mit kräftigem Druck fünf Zentimeter tief einzudrücken und ihn anschließend zweimal kurz zu beatmen. Auch ein Rippenbruch beim Betroffenen sei dabei kein Drama, geht es doch in diesem Moment um Leben und Tod. Cankaya: „Der Bruch ist nach sechs Wochen verheilt.“

Mit Defi zehnmal wahrscheinlicher als ohne

Selcuk Cankaya gab den Teilnehmern noch weitere wichtige Informationen mit auf den Weg:

Hauptursache für den plötzlichen Herztod ist Herzflimmern, das Aussetzen des normalen Herzschlags. Dies kann durch die Elek­troschocks verhindert werden. Um aber die Pumptätigkeit des Herzens wieder anzuregen, sind die Druckmassagen erforderlich.

Und um dem Gehirn des Patienten wieder ein Minimum an Sauerstoff zuzuführen, ist die Beatmung so wichtig. „Mehr als drei Minuten Sauerstoffmangel hinterlassen dauerhafte Hirnschäden.“ Im schlimmsten Fall bleibe der Patient nach der Wiederbelebung im Wachkoma, wenn er während der Reanimation nicht per Beatmung mit Sauerstoff versorgt wurde.

Pro Minute, die bis zum Einsatz des Defis vergehet, sinkt die Wahrscheinlichkeit zu überleben, um zehn Prozent. Nach neun Minuten kann man also nur noch jeden zehnten Betroffenen wiederbeleben. Deshalb ist es auch so wichtig, damit schon zu beginnen, bevor der Rettungsdienst eintrifft.

In 90 Prozent der Fälle ist der Druck der Massage aber nicht kräftig genug, um das Herz wieder anzuwerfen. Je fülliger ein Mensch ist, desto kräftiger muss der Druck ausfallen. Die Sensoren des Defibrillators dürfen nicht auf Brustwarzen-Piercings aufgelegt werden, weil sonst Verbrennungen drohen. Bei Frauen muss der BH beseitigt werden. Auch Schwangere dürfen behandelt werden, ebenso Kinder ab dem Grundschulalter. Mit Defi steigt die Überlebenswahrscheinlichkeit im Notfall von fünf Prozent auf 40 bis 60 Prozent.

Dazu sollte der Defi schon bereit liegen. Denn er enthält eine Beatmungsmaske, die man dem Betroffenen auf den Mund legen kann, um direkten Mund-zu-Mund-Kontakt zu vermeiden. Dann gilt es zügig, den Brustkorb des Betreffenden freizulegen, notfalls mit der Schere freizuschneiden, damit die beiden Sensoren des Defi (ohne Schutzfolie) darauf angelegt werden können: eine oberhalb der linken Brustwarze, die andere knapp unterhalb der rechten. Was alles in dieser Notsituation zu tun ist, das erläutern die via Lautsprecher sprechenden Geräte ihren Benutzern dann. „Der Defi erkennt, ob jemand Elektroschocks braucht, ob sein Herzschrittmacher noch funktioniert oder die Atmung noch geht“, so der Referent. In Sekundenschnelle führt der Defi einen Herzrhythmustest durch. Dann erteilt er die Anweisung, per Knopfdruck den lebensrettenden Elektroschock zu versetzen. Das geschieht immerhin mit 1000 Volt Spannung.

Gleich im Anschluss muss eine erneute Herzdruck-Massage von 30 Drücken erfolgen und abermals zwei Beatmungen. Eventuell muss das Ganze mehrmals wiederholt werden. Aber in der Zwischenzeit trifft in der Regel der Rettungsdienst ein. Denn der sollte schon gleich nach dem Zusammenbruch eines Menschen alarmiert werden ( 112).