Süd. . Entstehen an einer Stelle Neubaugebiete, muss dafür an anderer Stelle ein Ausgleich geschaffen werden. Besonders die Bauern stellt das vor Probleme.

Einige Hektar an Freiflächen sollen nach dem vom Rat der Stadt beschlossenen Entwicklungskonzept Duisburg 2027 allein im Duisburger Süden künftig in Wohnbaufläche umgewandelt werden. Auf Anfrage der Grünen antwortete die Stadtverwaltung vor kurzem, der nötige ökologische Ausgleich dabei bereite heute und in Zukunft keinerlei Schwierigkeiten. Darüber sprach Martin Kleinwächter mit Dr. Johannes Meßer, dem Vorsitzenden des Beirats bei der Unteren Landschaftsbehörde.

Welchen Sinn ergeben ökologische Ausgleichsflächen?

Dr. Meßer: Bei Eingriffen in Natur und Landschaft ist gesetzlich ein Ausgleich erforderlich. Sonst würde ja die Situation beim Landschaftsschutz immer schlechter werden.

Wie muss man sich diesen Ausgleich vorstellen?

Im Idealfall würde man für jeden neu versiegelten Quadratmeter an anderer Stelle eine gleich große Fläche entsiegeln, also der Natur wieder zurückgeben. Da das aber nicht geht, kommt es auf den qualitativen Ausgleich an.

Was ist darunter zu verstehen?

Ein Wald etwa ist ökologisch, also von der Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt her, wertvoller als eine Ackerfläche. Wer also einen Wald aufgibt, muss an anderer Stelle für wertvolleren Ersatz sorgen als bei einer Ackerfläche. Bei Wald muss sogar eine größere Ausgleichsfälle bereitgestellt werden, als zuvor aufgegeben wird. Bei Acker ist das nicht so.

Im Duisburger Süden sind hauptsächlich Ackerflächen betroffen, oder?

Das ist richtig, es sind sowohl Ackerflächen, die in Wohngebiete umgewandelt werden sollen, als auch Ackerflächen, die für den Ausgleich in Betracht kommen.

Ist es in Ihren Augen unproblematisch, diese Flächen zu finden?

Nein. Denn die Ausgleichsflächen müssen ja auch im Eigentum desjenigen stehen, der ein Baugebiet entwickelt. Das ist aber in der Regel nicht der Fall. Für Landbesitzer ist es zwar lukrativ, eine Fläche als Bauland zu verkaufen, nicht aber als Ausgleichsfläche zu einem wesentlich geringeren Preis.

Wo sehen Sie das Problem?

Die Landwirte im Duisburger Süden sind überwiegend Pächter. Sie sind damit doppelt betroffen: Einerseits verlieren sie Ackerfläche durch die Bebauung. Und dann wird ihnen auch noch Ackerfläche für den Ausgleich, also zum Beispiel für Anpflanzungen, genommen. Als Pächter ist der Landwirt außerdem in die Entscheidung nicht eingebunden. Er erfährt irgendwann einmal, dass der Pachtvertrag für eine Fläche ausläuft und nicht verlängert wird. Und das kann für ihn existenzbedrohend sein, weil er Wirtschaftsflächen nachweisen muss, um seinen Viehbestand versorgen zu können.

Die Investoren haben die Möglichkeit, sich von ihrer Ausgleichsverpflichtung freizukaufen. Wie muss man sich dieses Freikaufen vorstellen?

Das funktioniert so, dass ein Investor einem anderen öffentlichen oder privaten Großgrundbesitzer eine Zahlung dafür leistet, dass der auf seinem Gelände diese ökologische Verbesserungsmaßnahme durchführt. Es kann auch sein, dass die Ausgleichsmaßnahme bereits durchgeführt wurde und sie ihm dann nachträglich angerechnet wird.

Kann eine solche Aufwertung auch auf dem Gebiet einer Nachbarstadt stattfinden? Schließlich gehen die landwirtschaftlich genutzten Flächen von Duisburg und Düsseldorf hier ineinander über.

Ja, das wurde bereits praktiziert. So wurde ein Teil des Ausgleichs für den Parallelkanal an der Regattabahn auf Flächen der Stadt Duisburg durchgeführt, die jedoch auf Mülheimer Stadtgebiet liegen.

Ist Ihrer Erfahrung nach sichergestellt, dass die eingezahlten Gelder ihrem Zweck entsprechend verwendet werden?

Soweit ich weiß, gibt es keinen direkten Zugriff der Unteren Landschaftsbehörde mehr auf diese Gelder. Das bedeutet, sie sind vollständig den Sparmaßnahmen des Stadtkämmerers unterworfen und stehen eben nicht voll dafür zur Verfügung. Außerdem wurden in den letzten Jahren die Mittel für Pflegemaßnahmen gestrichen, so dass auch dafür auf diese Einzahlungen zurückgegriffen werden musste. Damit findet dann aber kein Ausgleich mehr statt, sondern nur noch Bestandspflege irgendwo anders.