Wedau. . Vor der Eröffnung der Krippenausstellung in Duisburg-Wedau: eine Reportage über Rindenmulch, Umrührstäbchen und eine Drahtbürste.

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt: Diese Verse hat Wolfgang Hill zum Leitmotiv seiner Krippe erhoben. Bei ihm leuchtet es allerdings nicht nur bis vier auf, sondern bis 24 – er baut sozusagen einen Adventskalender in Krippenform. Jeden Tag kann er einen anderen Schalter umlegen, auf dass nach einander Stall, Feuer, Hütte und weitere Details aufleuchten. Noch verharrt die Krippe eines der Organisatoren der traditionellen Wedauer Krippenausstellung allerdings im Projektzustand.

„Die ist noch nicht mal halb fertig“, winkt Hill ab. Umso besser, denn so können wir den Krippenbauern einmal bei ihrer besinnlichen Art des Modellbaus zusehen. Schon beim Eintritt in die Werkstatt in seinem „Schuppen“, wie Hill ihn nennt, wird der Nase ganz weihnachtlich zumute: Es riecht nach Tanne, dabei sind die Deko-Bäumchen auf der Krippe aus Plastik. Vielleicht liegt’s am Holz, aus dem die Krippe zum größten Teil errichtet ist: vom Stall über eine Brücke bis hin zu den Dachschindeln, die kleinsten zurechtgeschnitten aus Rührstäbchen für den sonst so oft gescholtenen Coffee to go – hier bekommt ein Produkt der Wegwerfgesellschaft einen Sinn.

Jedes Feuer leuchtet in der passenden Farbe.
Jedes Feuer leuchtet in der passenden Farbe.

Überhaupt, das Rohmaterial. So eine Krippe ist viel Arbeit: Ein Jahr sind Wolfgang Hill und sein Mit-Architekt und Mit-Organisator Alexander Vorwerk jetzt schon beim Bau, ein weiteres wird es wohl noch werden. Kein Wunder: Die Dachschindeln werden nicht nur auf die richtige Größe zurechtgestutzt, sondern auch abgeflämmt, schließlich kam das Jesuskind nicht in einem Neubau-Stall auf die Welt. „Das muss verbraucht und grob aussehen“, erklärt Vorwerk. Selbiges gilt für die Kupferkessel, die er aus Kupferrohrplatten zurechtschneidet, erwärmt, in Form hämmert. Das Kochgerät zu Zeiten von Christi Geburt glänzte auch nicht wie frisch aus dem Einkaufszentrum.

Damit sie nicht aussieht wie neu, rückt Vorwerk auch der Umfriedungsmauer auf den noch makellosen, weißen Leib: Aus seiner Hosentasche fischt er ein Taschenmesser, mit dem er der Sterodurwand Kerben versetzt. Es schabt, dann pocht es: Vorwerk hat das Taschenmesser gegen die Drahtbürste getauscht und klopft unregelmäßige Konturen in die nun nicht mehr so glatte Oberfläche des Materials, das normalerweise dem profanen Zweck der Kellerisolierung dient. Die Drahtbürste, sie ist für den Krippenbauer, was der Pinsel für den malenden Künstler ist: Mit ihr raspelt Vorwerk binnen Sekunden aus einem Stück Rindenmulch Strukturen, die an Schiefer erinnern – jetzt noch grau gestrichen, „und Sie haben einen wunderbaren Felsen“.

Am 21. und 22. November

Am Wochenende vor dem 1. Advent veranstaltet die Pfarrgemeinde St. Joseph im alten Pfarrheim am Kalkweg zum 20. Mal ihre Krippenausstellung: Am Samstag, 21. November, von 15 bis 18 Uhr und am Sonntag, 22. November, von 11.30 bis 17 Uhr.

Aussteller und Krippenbauer werden noch gesucht. Wer Interesse hat, meldet sich bei Organisator Wolfgang Hill unter 726311.

Krippenbauer können dann ihre selbstgebastelten Krippen oder Familienkrippen Interessenten vorstellen und – wenn gewünscht – auch verkaufen.

Dieses Werk soll erst halb fertig sein? Hill und Vorwerk haben noch so viele Ideen, die wollen alle noch eingebaut werden. Auch wenn sie die Arbeit teilen. Hill: „Ich nehm’ die Kreissäge, er macht das Feine.“

Der Kreissägen-Mann führt in einen anderen Raum, zu einer anderen Krippe; einer fertigen. Je länger die Augen darüber schweifen, desto mehr sehen sie: Auf einem Scheunenvorsprung nistet ein Vogel; unten, auf dem Boden, kann der geneigte Fährtenleser Fußspuren eines Tieres erkennen – ein Wolf vielleicht? – die sich durch den Sand ziehen. „Es ist Perfektionismus dabei“, gibt Vorwerk zu. Auch wenn er es versteckt: Ein bisschen Stolz ist dabei, Stolz vor allem auf seine Ideen. Wer kommt schon darauf, mit einer Spielzeug-Tierfigur Fußspuren in den noch nicht getrockneten Sand zu drücken?

Vielleicht ist die Krippe im Schuppen tatsächlich erst halb fertig. Unter der Brücke soll einst Wasser fließen. Ja, wirklich, richtiges Wasser, mit einer Pumpe und einem kleinen Wasserfall. Und auch, wenn es jetzt noch nicht plätschert, wenn so manches Detail noch fehlt und die Krippe erst Ende 2016 eine Chance auf die nächste Ausstellung hat, Alexander Vorwerk sieht sie schon vollendet vor sich: „In meinem Kopf steht das vollkommen.“