Mitte. Dorothee Becker leitete während des 4. Kunstraum grün eine Baummeditation im Botanischen Garten. Das Motto: „Alles kann, nichts muss“

Der Botanische Garten steckt an diesem Wochenende voller Überraschungen. In jedem Beet, auf jeder Wiese finden sich Installationen, Skulpturen und Gemälde. Das alles gehört zur open air Ausstellung „Kunstraum grün“, die in diesem Jahr zum vierten Mal stattfindet. Ingesamt 29 Künstler haben sich beteiligt. Unter ihnen auch die Musikerin Dorothee Becker, die nicht nur mit einer musikalischen Darbietung, sondern auch mit einer „Baummeditation“ im Programm vertreten ist.

Im Liegen und Sitzen heißt es: Augen zu

Bevor die meditationsbegeisterten Teilnehmerinnen sich im Botanischen Garten unter einen der großen, alten Bäume scharen, wirkt der Platz fast verlassen. Die ausgebreiteten Handtücher erinnern an Platzhalter für All-inclusive-Touristen. Die ersten Besucherinnen werfen skeptische Blicke auf die Decken und Tücher. „Helga, hast du gewusst, dass man sich für die Meditation auf den Boden setzen muss?“, fragt eine Dame ihre Begleiterin vorwurfsvoll. „Naja, geahnt habe ich das schon irgendwie, aber wenn du nicht mehr hochkommst, helfe ich dir – versprochen“, antwortet diese.

Ein gutes Dutzend Frauen nimmt nach und nach Platz. Zuletzt auch die Musikerin Dorothee Becker, die die Meditation leiten wird. Dorothee begrüßt die Meditationsgruppe: „Ich freue mich sehr, dass ihr alle da seid. Das grundlegende Motto dieser Meditation ist: alles kann, nichts muss.“ Die Teilnehmerinnen rutschen noch einmal hin und her, um ihre bequemste Liege- oder Sitzposition zu finden, dann schließen sie die Augen.

Konzentration auf den Atem

„Nun konzentriert euch auf die Geräusche, die um euch herum sind und dann auf euren eigenen Atem.“ Das ist gar nicht so einfach, denn vor allem ein Geräusch ist kaum zu überhören. In rhythmischem Auf und Ab zerteilt eine Kettensäge einen Baumstamm. Neben diesem Lärm innere Ruhe zu finden – das schafft nicht mal die Meditationsleiterin. Dorothee Becker unterbricht die Besinnung und verabschiedet sich kurz zu ihrem kettensägenden Kollegen Roger Löcherbach. Der lässt an zwei Tagen der Ausstellung vor den Augen der Besucher eine Holzskulptur entstehen.

Sobald der Motor verstummt, lassen sich auch andere Dinge wahrnehmen. Die Autos auf der angrenzenden Straße, die Unterhaltungen der Gäste des Botanischen Gartens sowie des benachbarten Kaffees und die Stimme von Dorothee Becker. „Nun spürt, wie euch mit jedem Ausatmen ganz langsam kleine Wurzeln in den Boden wachsen“, erklärt sie. „Immer weiter, immer tiefer, fast bis in den Erdkern.“ Dann geht es hoch hinaus. „Spürt wie jede Pore eures Körpers spriesst und kleine Äste hervorbringt, die immer weiter in den Himmel wachsen.“ Die metaphorischen Wurzeln und Äste für alle Träume und Pläne wünscht Dorothee Becker ihren Zuhörerinnen auch über die Meditationszeit hinaus. „Nehmt dieses Gefühl mit in euren Alltag“, rät sie.