Duisburg. . Der Duisburger Manfred Altgaßen braut im Eichwäldchen das Bier selbst. Der Gastronom redet über ein Getränk zwischen Kreativität und Massengeschmack.
In seinem Restaurant fließt längst nur noch selbst gebrautes Bier aus der eigenen Quercus-Brauerei aus dem Zapfhahn. Unsere Redakteurin Monique de Cleur traf sich mit Manfred Altgaßen zu einem nicht bierernsten Gespräch über Wasser, Hefe, Hopfen und Malz.
Wann trinken Sie gern ein Bier?
Manfred Altgaßen: Ganz klar: zum Feierabend. Ein Getränk, zu dem man einen besonderen Anlass braucht, ist Bier nicht – im Gegensatz zu Champagner.
Ihre Bier-Steckbriefe lesen sich ganz schön blumig: „grasige Note; verführerische, exotische Frucht, Schokoladen- und Kaffeenoten“ – das schmecken Sie echt raus?
Das ist tatsächlich deutlich schmeckbar und wie beim Wein das Interessante daran. Je nach Bier und Geschmacksnote entstehen diese Aromen durch Malze: Kaffee-, Schokoladen, Pflaumennoten. Das fängt beim hellen Pilsener-Malz an und geht bis zur ganz starken Röstung für ein Stout, für ein Porter.
Röstung? Klingt nach Kaffee.
Das ist ähnlich: Malz ist ja gekeimte und wieder getrocknete Gerste. Die Trocknung findet bei unterschiedlichen Temperaturen statt, so entstehen die unterschiedlichen Röstungen. Als Gegenpart, wenn der Hopfen im Vordergrund steht, hat man Fruchtaromen: Grapefruit, Zitrus, Passionsfrucht, Mandarine. Das riecht und schmeckt man.
Wozu passt ein Bier mit Schokonote?
Wenn’s nicht süß ist, passt es super zum Steak. Grundsätzlich gilt: Je hochprozentiger, desto mehr Restsüße bleibt im Bier. So ein Imperial Stout passt wunderbar zu einer Schokoladenmousse.
Kochen Sie auch mit Bier?
Absolut, gerade für Saucen eignet sich Bier hervorragend. Wir haben zum Beispiel eine Porter Jus zur geschmorten Ochsenbacke.
Was tischen Sie zur gehobenen Küche auf: Bier oder Wein?
Das kommt aufs Gericht an. Der Kunde erwartet sicher mehr Wein. Aber die Möglichkeiten sind im Bierbereich so groß wie im Weinbereich. Es gibt Sauerbiere, fassgelagerte Biere . . . In den nächsten Jahren wird es Einzug halten in die gehobene Gastronomie, dass der Sommelier auch mal ein Bier empfiehlt. Ein India Pale Ale passt mit seinen Zitrusnoten zum Beispiel hervorragend zu Garnelen mit Chiligemüse. Aber das Bier soll nicht den Wein verdrängen, der wird seinen Stellenwert behalten. Unser Bier soll Alltagsgetränk bleiben, aber schmecken.
Was geht gar nicht zu Bier?
Spontan: Ein schönes, feines Fischfilet, Steinbutt mit einer Beurre Blanc zum Beispiel. Bier hat fast immer Bitterstoffe, das würde sich beißen. Dann lieber einen schönen Weißwein.
Craft Beer, das sind historische Biere, neu interpretiert. Wie viel Spielraum bleibt bei vier Grundzutaten und Reinheitsgebot?
In Deutschland wird das Reinheitsgebot hochgehalten. Als Großbrauer darf ich mein Bier mit Aluminiumschnipseln und Gummiverbindungen klären, aber ich darf nicht mit etwas ganz Natürlichem wie Honig, Kräuter, Früchten brauen, dann darf ich das nicht mehr Bier nennen. Das Reinheitsgebot hindert den Brauer daran, kreativ zu sein.
Welche Geschichte fließt bei Ihnen aus dem Zapfhahn?
Das India Pale Ale umrankt eine Legende. Es kommt aus der Kolonialzeit, und England verschiffte es damals für seine Soldaten nach Indien. Damit es den langen Seeweg übersteht, wurde es stark eingebraut und stark gehopft. Dadurch wurde es so stark, dass es eins zu eins verdünnt werden sollte. Aber die Soldaten haben es dann unverdünnt getrunken.
Wann ist an einem Bier Hopfen und Malz verloren?
Ich würde heute nur noch ungern die Massenbiere trinken. Das sind für mich geschmacklose Biere. Da ist alles rausgefiltert, die sind nur noch herb. Sie sollen halt einfach allen schmecken und möglichst lange haltbar sein.
Flaschenverkauf ab September
Wenn Manfred Altgaßen einmal losbraut, kommen etwa 200 Liter zusammen. Zwischen sechs und acht eigene Craft-Beer-Sorten schenkt er aus. Bisher gibt’s sie nur vom Fass, aber das soll sich ändern: Ab September will Altgaßen seine Braukunst auch auf Flaschen ziehen und im Eichwäldchen – auch zum Mitnehmen – verkaufen.
Die 0,3-Liter-Flasche soll zwischen 1,40 und zwei Euro kosten.