Menschliche Mobilität ist auch hier das Thema. Zur Steuerung von Prothesen wird zunehmend Elektronik eingebaut
Wer sein Geschäft über einem Parkhaus betreibt, der muss sich ziemlich sicher sein, dass die Kunden den Weg finden. Thomas Münch kann angesichts seines außergewöhnlichen Standorts gelassen bleiben. Der Orthopädiemechaniker- Meister und seine Fachleute stellen für Menschen, die Gliedmaßen verloren haben. Extremitäten nach Maß her.
„Wir wollen ein Stück Lebensqualität zurückgeben”, betont der 48-Jährige. Besuchern zeigt Münch ein kurzes Firmenporträt. Ein beinamputierter Mann läuft da mit seiner Prothese. Trüge er eine Hose, man würde es kaum bemerken. Dann setzt er sich auf ein Motorrad, braust davon. Bilder die zeigen, was moderne Prothetik leisten kann. Der Mann läuftmit einer sogenannten Endo-Exo-Prothese auf einem C-Leg, einem „Computer-Bein”. Statt einer klassischen Prothese, die dem Stumpf angepasst wird, steckt hier ein Metallstift im Oberschenkel- Knochen des Patienten. Der mündet in ein elektronisches Kniegelenk, das in der Lage ist, das Gangmuster des Patienten zu „erlernen”.
Selbst die Treppe heruntergehen kann er damit. „Herauf geht nicht, weil dazu eine aktive Streckung notwendig ist”, erklärt Thomas Münch. Eine solche, rund 25 000 Euro teure Prothese (eine konventionell kostet weniger als die Hälfte) entspricht zwar dem Stand der Technik, ist aber nicht für jeden das Mittel der Wahl. „Ein C-Leg eignet sich für frisch amputierte, relativ junge Patienten. Wer seit 30 Jahren amputiert ist, hat sich oft schon feste Gangmuster angewöhnt”, so Münch.
Maximal zehn Prozent der Menschen, schätzt er, sind so zu versorgen. Nur 32 Amputierte tragen in Deutschland C-Legs, vier dieser Prothesen kommen aus Duisburg. Dass die Elektronik in den Prothesen sich weiterentwickelt, erlebt Münch, selbst seit gut 30 Jahren im Beruf, schon seit langem. Dem Handwerk sei schon oft der Untergang prophezeit worden – absehbar ist er indessen noch lange nicht. „Selbst nach einer mit Leder bezogenen Prothese hat kürzlich ein Kunde gefragt”, erinnert er sich. Erfahrung, die braucht es in diesem Jobwie nur in wenigen. „Kein Schaft ähnelt dem anderen”, sagt Thomas Münch.
Sich hineinfühlen können in den Patienten, seine Probleme umsetzen in eine Form aus Gips, die doch immer begrenzt den verlorenen Arm, das verlorene Bein ersetzen kann. Der Blick auf das Ergebnis sei immer grundverschieden, sagt Münch. „Den Menschen laufen zu sehen, das ist für uns schön. Für ihn bleibt es aber eine Prothese.” Weiterer Schwerpunkt des Hauses sind Orthesen, körperunterstützende Mittel. Eine Orthese zur Fersenentlastung (Bild oben rechts) hat Thomas Münch 1994 mit Dr. Mainold Settner von der benachbarten Unfallklinik entwickelt.
Das patentierte Modell bringt Patienten mit Fersenbruch wesentlich schneller wieder auf die Beine, weil das Gewicht von der Ferse auf den Mittelfuß verlagert wird. „Kosten und Behandlungszeit halbieren sich”, sagt Münch. Eine globale Leistungsschau der Orthopädie-Technik sind die Paralympics. Münch war im Sommer in Peking, seit 1984 hat er nur die Spiele in Sydney ausgelassen. „Da sieht man, wohin sich die Technik entwickelt”, schwärmt er. Einen Quantensprung erhofft er sich in der Armprothetik. Hier wird daran geforscht, wie Elektroden die Verbindung zwischen Nerven und Prothese herstellen können. Die komplizierte Motorik der Hand soll so nachgeahmt werden. Noch nichts für ein neues Firmenporträt von Münch & Hahn. „Das wird noch etwa zehn Jahre dauern”, schätzt Thomas Münch.