Buchholz. Wie sechs Rentner mit eigenem Radioprogramm auf Sendung gehen – im Seniorenzentrum Altenbrucher Damm in Duisburg-Buchholz.
Um etwas Neues zu lernen, ist man nie zu alt. Das beweisen die Rentner des Senioren-Radios „Altenbrucher Damm“. Für die Ehrenamtlichen ist es nicht nur eine neue Lebensaufgabe, sondern auch eine schöne Möglichkeit, mit der freien Zeit etwas Sinnvolles anzufangen. Fünfmal in der Woche unterhalten ihre Stimmen aus dem Hausradio die Bewohner.
„Aufnahme! Ruhe bitte“, ruft Werner Flügel seinen Kollegen vom Senioren-Radio zu. Bevor Christa Hoffmann mit der Anmoderation beginnt, eilt Marielies Brohm noch rasch zur offen stehenden Kellertüre und schließt die letzten Geräusche aus. Auch Dietmar Pohl, der mit seinen großen Kopfhörern versunken in eine Schallplatte reinhört, muss die Arbeit unterbrechen. Die Moderatorin holt tief Luft, dann beginnt die Aufnahme: „Herzlich Willkommen bei Radio Altenbrucher Damm. Mein Name ist Christa Hoffmann, und ich nehme Sie heute mit auf eine Reise in die Welt der Operetten.“
Einmal pro Woche treffen sich sechs Rentner, um gemeinsam Radio zu machen: Radio von Senioren für Senioren. Im schalldichten Keller produzieren sie ihre Sendung. An der Wand lehnt ein großes Regal mit rund 4000 Schallplatten, in der Mitte steht der Konferenztisch, an dem Themen besprochen und diskutiert werden. Das Studio, ausgestattet mit Mikrofonen und Computern, belegt die hinterste Ecke des Raumes.
Mit Liedern von früher Erinnungen zurückbringen
Es ist der Stammplatz von Werner Flügel. Das Mischpult ist das Steckenpferd des 70-Jährigen. Rund ein halbes Jahr hat es gedauert, bis der Rentner mit der Aufgabe vertraut war. „Meine Vorgängerin hat mir alles beigebracht. Der Rest kam mit der Zeit“, erzählt der technikbegeisterte Radiomacher, für den Journalismus zu einer komplett neuen Lebensaufgabe geworden ist.
Nicht so für Hans Greiffenberg. Er ist der einzige Mitarbeiter mit journalistischen Vorkenntnissen. Der 77-Jährige arbeitete früher für einen ehemaligen Duisburger Lokalsender. Seit 18 Jahren ist er für das Senioren-Radio tätig. Als ihn seine Kollegen als Chefredakteur vorstellen, schaut er verlegen zu Boden. „Nennen wir es mal Organisator.“ Um möglich viele Hörer aus dem Seniorenzentrum zu erreichen, gestaltet Greiffenberg jede Woche Plakate und hängt sie auf den Fluren aus. „Wir bekommen von den Bewohnern kein Feedback. Die meisten sind nicht in der Lage, bei uns im Keller vorbeizuschauen“, erzählt er. Stattdessen kommt das Programm auf ihre Zimmer, bringt mit Liedern von früher Glück und Erinnerungen zurück zu demenzkranken Menschen. „Ich bin mir sicher, dass wir sie erreichen – auch wenn es nur für einen kurzen Augenblick ist.“
Der Beginn neuer Freundschaften
Musik ist das Stichwort. Zu jedem Thema müssen passende Titel ausgesucht werden. Für Dietmar Pohl eine herausfordernde Aufgabe. Er versinkt im Schallplatten-Regal und zieht eine französische Scheibe heraus. „Jürgen, haste dein Smartphone dabei? Ich muss dat hier mal übersetzen“, grölt er in Richtung Konferenztisch. Marielies Brohm ist schneller und hilft mit ihren Schulkenntnissen aus.
Verstärkung und CDs gern gesehen
Das Radio Altenbrucher Damm freut sich über Verstärkung. Kontakt kann über das Seniorenzentrum (79790) hergestellt zu werden. Das Treffen findet jeden Mittwoch von 10 bis 13 Uhr statt. Danach wird zusammen zu Mittag gegessen.
Die Radioreporter nehmen gerne Spenden in Form von CDs entgegen.
Christa Hoffmann, mit 78 Jahren die ältesteste Redakteurin bei Radio Altenbrucher Damm, freut sich über diese Zusammenarbeit. „Hier entstehen Freundschaften. Wir können hier als Rentner aktiv werden und unseren Gedanken freien Lauf lassen“, sagt sie. Jürgen Brandt, mit 67 „das Küken“, wie ihn die Truppe nennt, wirft ein: „Wir müssen aber auch die Lebensumstände der Bewohner berücksichtigen. Wir müssen bedenken, dass beispielsweise Themen über Kinder und Enkel nicht auf jeden zutreffen.“ Themen- und Musikwünsche sind daher gerne gesehen.
Das Radio „Altenbrucher Damm“ gestaltet die langen Tage der Menschen im Seniorenzentrum so angenehm wie möglich. Somit sorgt es bei allen Senioren, ob Altenheim-Bewohner oder Radio-Mitarbeiter für eins: Abwechslung vom Alltag.