Serm. . Dorf-Satiriker Heinz Baltes macht Schluss mit lustig. Manche feierten ihn, andere nahmen seine Seitenhiebe krumm. Hoffnung auf Rückkehr bleibt.

„Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist“, kommentierte das Sermer Urgestein Heinz Baltes seinen Entschluss, nicht mehr als Büttenredner bei den großen Karnevalssitzungen der Karnevalsgesellschaft Südstern aufzutreten. Seit 1968 ist er Mitglied der KG, bereits 1970 stand der mittlerweile 66-Jährige erstmals in der Bütt. Gleichermaßen beliebt und gefürchtet waren seine Beiträge bei den Sermern.

Baltes beobachtete genau, was in seinem Dorf so vor sich ging und verarbeitete die kleinen und größeren nachbarschaftlichen Ereignisse. Da gab es auch manchen Seitenhieb der unangenehmeren Art, zumindest aus Sicht der Betroffenen. „Manche haben danach ein halbes Jahr nicht mehr mit mir gesprochen“, erinnert sich der Ur-Sermer schmunzelnd. Irgendwann war die Funkstille beendet, dafür läuft man sich einfach zu oft über den Weg in dem 2000-Seelen-Dorf.

Sein letzter großer Auftritt bei der diesjährigen Prinzenkürung war um­jubelt. Da der Ruheständler nebenberuflich dreimal wöchentlich als freundliche Bedienung beim Rentner-Frühschoppen in der Dorfgaststätte „Zu den drei Linden“ hinter dem Tresen steht, war es nur folgerichtig, in dieser Funktion auch bei seiner letzten Büttenrede aufzutreten. Auch wenn sich der eine oder andere Kneipengast in der Büttenrede wiederfand und darüber vermutlich not amused war, zeigte sich das Sermer Narrenvolk begeistert über seine ganz spezielle Art, die Geschehnisse in Kappes-Serm zu betrachten. Die Sermer verabschiedeten ihr Original nach seinem letzten Auftritt mit Standing Ovations.

Auch nach 45 Jahren vor jedem Auftritt Lampenfieber

Der derzeit nach Großenbaum ausgewanderte Baltes („Ich komme in Kürze wieder zurück“) empfindet eine „große Dankbarkeit“, über viele Jahre so wirken zu dürfen und freut sich, in dieser Form etwas für sein Dorf tun zu können. Der ehemalige Einzelhandelskaufmann gibt zu, auch nach 45 Jahren vor jedem Auftritt total aufgeregt gewesen zu sein: „Mir war vor lauter Lampenfieber immer sauschlecht.“

Dieser Stress hat nun ein Ende. Bernd Baumann, seit letztem Jahr Chef der KG Südstern, bedauert, dass Heinz Baltes nicht mehr in der Bütt stehen wird: „Heinz war immer bestens informiert, hat das Dorfleben sehr pointiert und mit spitzer Zunge kommentiert. Er ist ein echter Verlust für unseren Karneval.“

Comeback nicht ausgeschlossen

Ganz ohne Karneval geht es bei dem ausgerechnet am Karnevalssonntag des Jahres 1949 im nahen Huckinger St.-Anna-Krankenhaus geborenen Dorf-Satiriker allerdings nicht. Als scharfzüngiger und witziger Kommentator beim Dorf-Karnevalszug bleibt der Sermer Prinz von 1977 – auch Baltes’ Vater und Bruder regierten bereits die Sermer Narren – den Jecken erhalten. Der Seniorenkarneval im Gemeindeheim liegt ihm ebenfalls am Herzen.

Auch jenseits des Karnevals engagiert sich Baltes, der natürlich auch bei den Sermer Schützen mitwirkt, für den Erhalt des Brauchtums. Viermal im Jahr bietet er gemeinsam mit Agnes Schmitz („dat Sackenheims Nies“) den stark nachgefragten „Sermer-Platt-Workshop“ an. Und vielleicht steigt Heinz Baltes doch noch mal in die Bütt, kündigt er an: „Aber nur, wenn mein dreijähriger Neffe Tim einmal Prinz sein wird.“