Buchholz. . Eine junge Frau aus Afghanistan, wird seit Freitag in der BG Unfallklinik behandelt. Der Oberschenkel ihres rechten Beines soll in den nächsten 70 Tagen um sieben Zentimeter verlängert werden. Viermal muss Raissa für die Operation aus Afghanistan nach Duisburg kommen.

Raissa ist ein Profi wenn es um Fixateure geht. Ihre erste Beinverlängerung bekam die heute 20-Jährige mit neun Jahren. Am Freitag wurde Raissa in der BG Unfallklinik in Buchholz erneut operiert und wieder mit einem Fixateur ausgestattet. Der Oberschenkel ihres rechten Beines soll in den nächsten 70 Tagen um sieben Zentimeter verlängert werden. Täglich um einen Millimeter.

Knochgewebe bildet sich neu

Viermal muss Raissa, die für die Operation aus Afghanistan nach Duisburg gekommen ist, pro Tag die Schraube am oberen Ende des Fixateurs drehen. „Durch die Streckung wird verhindert, dass der Oberschenkelknochen direkt zusammen wächst“, erklärt Dr. Peter-Michael Hax, Leiter der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie an der BGU. „Wir tricksen dadurch das Knochengewebe aus, so dass es sich durch die Streckung täglich weiter neu bilden muss.“ Nach dem Streckvorgang dauert es mindestens noch einmal 70 Tage, bis der künstliche Bruch verheilt ist. Erst dann kann der Fixateur in einer weiteren Operation entfernt werden.

Schmerzen hat die junge Frau aus Masar -e Sharif nicht. Drei Tage ist die Operation her und Raissa kann sich mit Gehilfen schon ohne Probleme bewegen. „Sie ist eine echte Musterpatientin“, sagt Dr. Hax. Der Orthopäde und Unfallchirurg hat Raissa zum ersten Mal operiert, als sie neun Jahre alt war. Eine Tuberkulose-Infektion hatte bei ihr dazu geführt, dass sich ihre Knochen und auch die Wachstumsfuge ihres Oberschenkels entzündeten. „Ihr rechtes Knie ist versteift und im Oberschenkelknochen findet einfach kein Wachstum mehr statt“, erklärt Hax. „Aus diesem Grund musste operativ schon mehrmals nachgeholfen werden.“ Mit 20 ist Raissa längst ausgewachsen und es war an der Zeit, dass ihre Beine zum wiederholten Male angeglichen werden.

Die Operationen ermöglicht haben der Mülheimer Verein „Kinder brauchen uns“ und die Unfallklinik in Buchholz. „Wir behandeln Raissa unentgeltlich“, sagt Dr. Hax. „Die sechs Schrauben in Raissas Bein haben wir von der Firma Orthofix zur Verfügung gestellt bekommen.“

In der kommenden Woche wird die junge Frau aus dem Krankenhaus entlassen und zieht wie schon in den letzten Jahren zu ihrer Pflegefamilie nach Ennepetal. Bei Karla, ihrem Mann Günther und den drei Kindern wird sie bleiben, bis der Fixateur aus ihrem Bein wieder entfernt wird.

Für Raissa, die nach der Schule Medizin studieren will, ist Ennepetal zu einem zweiten Zuhause geworden. „Ich war zuletzt vor fünf Jahren bei meiner Pflegefamilie, aber wir haben seither mindestens einmal pro Woche telefoniert.“ Das erklärt auch die guten Deutschkenntnisse der jungen Afghanin. „Als ich mit neun Jahren zum ersten mal nach Deutschland gekommen bin, hatte ich Angst, verstand die Sprache nicht und kannte niemanden. Aber heute freue ich mich einfach, dass ich wieder hier sein darf und mir geholfen wird.“ Und bis sie wieder Zuhause ist, wird mit ihren Eltern und den elf Geschwistern gechattet und telefoniert.