Ratingsee. . Dieses Mal besuchten wir bei unseren Stadtspaziergängen die Meidericher Siedlung Ratingsee. Es handelt sich um einen Ortsteil, der Ende der 1920er Jahre entstanden ist und komplett unter Denkmalschutz steht. Die Menschen dort lieben die gute Nachbarschaft und die Kinderfreundlichkeit.

Als Dorf mitten in der Stadt bezeichnen die Ratingseer gerne ihre kleine Siedlung im Dreieck zwischen Emmericher Straße, In den Groonladen und Zoppenbrückstraße. Man merkt gleich: Hier stimmt die Nachbarschaft, hier geht es gemütlich zu.

Wie früher in solchen Siedlungen plaudert man auch heute noch über den Gartenzaun hinweg mit den Nachbarn, ruft sich über die Straße ein fröhliches „Tach“ zu – und findet stets einen Moment Zeit für ein Quätschchen.

Die Straßenzüge sind einheitlich, da kann der Ortsfremde schon mal die Orientierung verlieren. Zwischen den Backstein-Häuserfronten mit den grünen Fensterrahmen und ebenfalls grünen, einheitlichen Türen können die Kinder (nahezu) gefahrlos herumtollen. „Hier nehmen alle Rücksicht aufeinander“, erzählen die Freundinnen Nicole Stritzel und Daniela Maas. Ihre Kinder flitzen derweil mit dem Laufrädchen auf dem Gehweg und der Straße herum.

Denkmalgeschützte Häuser

Da die Siedlung recht klein ist, kennt praktisch jeder jeden. Jung wie alt. „Hier hilft man sich noch gegenseitig“, sagt Marlies Burbach (65), die schon seit „ewigen Zeiten“ in der Siedlung aus den späten 1920er-Jahren lebt. Und dort meckert man nicht gleich, wenn es mal ein Problem gibt. Marlies Burbach lebt es vor: Als sie ans Ende eines Weges kommt, der zwischen den Gärten verläuft, versperren Mülltonnen den Durchgang. Ohne einen Mucks schiebt sie die Tonnen zur Seite – und schon geht’s weiter.

Marlies Burbach ist Großmutter und mit ihrem Enkel unterwegs. „Was ich hier gut finde? Hier ist es doch wirklich ideal für Kinder. Wir haben eine Schule, einen Kindergarten, einen Spielplatz. Besser kann’s doch kaum sein.“

Wie in einer Schrebergartenanlage

Das sieht Sandra Kaiser (40), Mutter von zwei Kindern, genauso. Hinzu kommen die Gärten hinterm Haus, „die wir im Grunde nutzen können, wie wir möchten.“ Mit einer kleinen Einschränkung: Wie in Schrebergartenanlagen gibt es auch dort Regeln, die vom Vermieter, der Gebag, vorgegeben werden. Die aber recht großzügig sind.

Die einen, wie die Eheleute Kaufmann, legen sich einen geschwungenen Weg in einer Wiese an, andere bauen ein Partyzelt auf. In etlichen Gärten finden sich Planschbecken (so lange es warm ist), andere hegen und pflegen Blumen, Büsche und Hecken. In der Siedlung Ratingsee kann eben jeder nach seiner Art leben, ohne Stress mit dem Nachbarn zu bekommen.

Was man allerdings in der denkmalgeschützten Siedlung nicht darf: An den Häusern Veränderungen vornehmen. Gerd Kaufmann, Vertrauensmann der HUK, würde gerne ein Hinweisschild anbringen, aber das ist nicht gestattet.

52 Quadratmeter Wohnfläche

Er und seine Frau lieben die 52 Quadratmeter Wohnfläche und den 50 Quadratmeter-Garten. „Kommen Sie rein, schauen Sie sich doch mal um“, sagt seine Frau und führt uns durch ihr kleines Reich auf zwei Etagen. „Unsere frühere Wohnung war uns zu groß geworden, deshalb sind wir hierher gezogen“, verrät Gerd. Und lüftet dann noch ein Geheimnis: „Wir sind übrigens Kollegen! Ich trage morgens die Zeitung aus.“ So sind die Ratingseer: Aufgeschlossen, fröhlich, kurzum: ein echt nettes Völkchen, das stolz ist, genau dort zu leben.

Ursprünglich bestand die Siedlung aus 215 Backsteinhäusern für kinderreiche und weniger betuchte Familien. Im II. Weltkrieg wurden 31 zerstört, sie wurden durch die „weißen“ Häuser ersetzt.

Einen See, in dem gebadet wurde, gab es tatsächlich – er entstand vermutlich durch Bergsenkungen und wurde angeblich mit Aushub vom Kanalbau und Bergbau-Abraum gefüllt. Später entstand die Siedlung auf der Fläche, die der Familie Rating gehörte. Deren Wohnhaus steht an der Ecke Emmericher-/Hofstraße.

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