Meiderich. .

Ein bisschen versteckt zwischen Meidericher Bahnhof und dem Landschaftspark gibt es sie noch: Jungs, die ihre Cappy lieber verkehrt herum tragen und deren Hose in den Kniekehlen schlabbert. Die Duisburger Sprayer haben sich ein Stückchen Charme der Graffiti-Künstler aus den 90-er Jahren bewahrt. Und genau um dieses Jahrzehnt ging es auch am vergangenen Wochenende.

Das Jugendamt Duisburg hatte zum gemeinsamen Sprühen auf die Freiflächen am Grünpfad zum Landschaftspark eingeladen. Die ehemaligen Industriemauern stehen Graffiti-Sprühern schon seit 2008 zur freien Verfügung. Wer Lust hat, kann einfach losmalen.

Viele Schriftzüge, wenige Bilder

„Events wie heute machen wir, um mit der Szene in Kontakt zu bleiben und auch, damit mal wieder frische Farbe an die Wände kommt“, erklärt Streetworker Hendrik Spließ. Auch für die Gestaltung hat er einen Wunsch: „Momentan gibt es ja viele Schriftzüge auf unseren Wänden und ich hoffe insgeheim auf ein schönes Bild oder sowas“, gesteht er.

Was die Jungs letztendlich auf die Wände bringen, sei ihnen aber selbst überlassen. Natürlich gibt es längst keine unbesprühte Wand mehr auf der ausgewiesenen Sprayfläche. So müssen sich die Künstler arrangieren. „Wer hierher kommt weiß, dass das Bild vielleicht nicht lange zu sehen ist“, meint Hendrik Spließ. „Außerdem gibt es unter den Sprayern einen Grundsatz – wer es nicht besser machen kann, lässt die Wand, wie sie ist. Wobei besser natürlich eine relative Sache ist“, fügt er hinzu.

Marten Dalimot und Nick Knite haben sich ein ehrgeiziges Projekt vorgenommen. Über zwei Wände hinweg wollen sie ihren „Helden der Neunziger“ huldigen und zwei bekannte Boxer-Plakate auf neue Weise interpretieren. Statt Rocky und Co. sollen sich zwei Kakteen in Pose werfen. „Ja das ist so: Immer wenn wir zusammen kommen, gibt’s ein Kakteen-Konzept“, erklärt Marten. „Eigentlich habe ich ihn mit meinem Faible für diese Pflanzen angesteckt, jetzt hilft er mir, den Kaktus-Clan zu verbreiten“, wirft sein Kollege Nick ein. Die beiden haben sichtlich Spaß am gemeinsamen Werk und lassen keine Witzvorlage unbenutzt.

Auf der anderen Seite der Mauer der geht es konzentrierter zu. Hier haben sich die Künstler hinter Atemmaske und Kopfhörern verschanzt und ziehen akribisch Linie um Linie mit dem feinen Sprühnebel. Sprayer Stefan arbeitet mit seinem Kollegen Mario an dem Abbild einer weiteres 90er-Koryphäe: dem Game-Boy. Der Grundriss der mobilen Spielkonsole ist schon zu erkennen. „Ich komm’ hierher um abzuschalten. Das klappt gut, wenn man den ganzen Tag an einem Bild arbeitet“, erklärt der Hobby-Sprayer. Bis der letzte Sprayer die Dose hinlegt, kann es dunkel werden, weiß Spließ: „Wir bauen so um 16 Uhr unsere Zelte ab, aber die Jungs hier sind Perfektionisten – die gehen erst, wenn sie ganz zufrieden sind.“