Walsum. . Mit gerade mal zwei Ordnern und einem kleinen Schuhkarton mit Fotos startete der Heimatverein in Duisburg Walsum nach der Eingemeindung mit der Archivarbeit. Inzwischen besitzt der 410 Mitglieder starke Club fast 200.000 Dokumente und 7.500 Fotos.

Fast 200 000 Seiten und rund 7 500 Fotos sowie Bilder haben Helmut Schorsch und seine Helfer vom Heimatverein Walsum in den vergangenen drei Jahrzehnten fein säuberlich sortiert und in Ordner und Hängekarteien gelegt. Hinzu kommen alte Land- und Stadtkarten sowie Fahnen, Erinnerungsstücke an den Bergbau und andere Raritäten. Eine Sammlung, die sich so mancher Stadtarchivar im Lande wünschen würde.

Dokumente „bekamen Beine“

Helmut Schorsch, Vorsitzender des Heimatvereins Walsum, im Archiv seines Vereins an der Schulstraße in Aldenrade.
Helmut Schorsch, Vorsitzender des Heimatvereins Walsum, im Archiv seines Vereins an der Schulstraße in Aldenrade. © Gregor Herberhold

„Angefangen“, erzählt Schorsch, „hat alles kurz nach der Eingemeindung von Walsum nach Duisburg“. Das war 1975. „Schlagartig änderte sich das Interesse an allem, was mit Walsum zu tun hatte“, erinnert sich der heute 81-Jährige. Das Walsumer Stadtarchiv war zusammen mit dem des Heimatvereins im Keller des damals im Volksmund als „Wohlfahrtsamt“ bezeichneten Behördengebäudes in Aldenrade eingerichtet (dort, wo sich heute die Polizeiwache befindet).

So mancher Schatz, der dort aufgehoben wurde, habe „Beine bekommen“, sagt Schorsch – und schüttelt den Kopf. Das lag daran, dass sich plötzlich niemand mehr zuständig fühlte. Die Duisburger hätten sich nicht groß für die Walsumer Geschichte interessiert – und in Walsum gab es niemanden, dem man die Aufgabe zuwies. In der Folge habe der Raum wochenlang offen gestanden.

Literatur war praktisch komplett weg

Ganze Koffer voll mit Dokumenten werden beim Heimatverein abgegeben.
Ganze Koffer voll mit Dokumenten werden beim Heimatverein abgegeben. © Gregor Herberhold

In dieser Zeit hätten sich wohl manche Bürger dort „bedient“. Als der Heimatverein davon erfuhrt, wurde er aktiv – fast zu spät. „Die Literatur über Walsum war praktisch komplett weg“, erinnert sich Schorsch. Was er fürs Archiv des Heimatvereins rettete, passte in zwei Ordner und einen Kinderschuhkarton.

Das erste selbstständige Archiv des Heimatvereins war im Keller der Volksbank untergebracht. Aber der war feucht, so dass man sich nach einer Alternative umsehen musste. Die fand sich im Gebäude der evangelischen Volksschule an der Schulstraße, in der heute die Volkshochschule untergebracht ist. Dort bezog der Heimatverein ein ehemaliges Klassenzimmer, das nach den Bedürfnissen des Clubs eingerichtet wurde.

250 Vereinsfestschriften

Ein 150 Jahre altes Dokument im Archiv des Vereins.
Ein 150 Jahre altes Dokument im Archiv des Vereins. © Gregor Herberhold

An den fensterlosen Wänden stehen Regal- und Schrankwände, eine Sichtschutzwand wurde eingezogen, die ebenfalls beidseitig mit Regalen zugestellt wurde. Ansonsten hätten Schorsch und seine Helfer gar nicht genug Platz, um all das Material, das sich inzwischen angesammelt hat, ordentlich aufzubewahren. Rund 40 000 Euro, schätzt der Vorsitzende, „hat der Verein in die Einrichtung gesteckt“.

Zu den archivierten Raritäten gehören etwa 250 Vereinsfestschriften, teils von Clubs, die schon lange nicht mehr existieren. Aber auch Abschriften ehemaliger Ratsprotokolle aus der Nazi-Zeit. Die Originale seien vor dem Einmarsch der Amerikaner noch schnell verbrannt worden, sagt Schorsch. Man habe alles vernichten wollen, das Walsum oder dort lebenden Menschen hätte schaden können, so Schorsch vielsagend.

Protokolle und Unikate

Walsumer Traditionsverein zählt jetzt 410 Mitglieder

Der Heimatverein Walsum existiert in seiner jetzigen Form seit 1951. Im Jahr 1912 gab es einen Bürgerverein, der sich ab 1928 Verkehrs- und Verschönerungsverein nannte. Die Mitglieder schlossen sich später dem Heimatverein ein. Helmut Schorsch leitet diesen Verein bereits seit 1982.

Im Jahr 1977 hatte der Walsumer Club offiziell 600 Mitglieder. „Tatsächlich“, erinnert sich Schorsch, „gab es aber nur 150. Der Rest waren Karteileichen“. Zu Beginn seiner Amtszeit gab es nur wenig mehr. Inzwischen hat der Verein 410 Mitglieder.

In den vergangenen Wochen und Monaten nahm der Bestand um rund fünf Prozent zu. „Die Berichterstattung über die Gaststätten und die Bürgermeister haben das Interesse ansteigen lassen“, freut sich der 81-Jährige. Diese Zeitung hatte erst kürzlich eine 15-teilige Serie über die Traditions-Gasthäuser beendet und eine neue über die Bürgermeister in Zeiten der Walsumer Selbstständigkeit gestartet.

Der monatliche Mitgliedsbeitrag beträgt einen Euro. Man habe sich bewusst für einen so niedrigen Satz entschieden, damit jeder die Möglichkeit habe, beizutreten.

An Nachwuchs mangelt es dem Verein dennoch. Vor allem auch im Vorstand. Schorsch wird deshalb auch weiterhin als Vorsitzender zur Verfügung stehen – „so lange ich kann“.

Weitere Infos zum Verein unter Telefon 0203 - 49 07 99.

Aber: Er fand die Protokolle in alten Zeitungen und sicherte sie. Manche Unikate haben auch die Städte Duisburg und Dinslaken zur Verfügung gestellt. „Dafür bin ich sehr, sehr dankbar“, so der Vereinschef. Ein weiterer Schatz, worauf Schorsch stolz ist: Das „Goldene Buch der Stadt Walsum“. Ein Unikat.

Andere Schätze stammen aus Nachlässen. „Es kommen immer wieder Erben mit ganzen Koffern und Taschen voll Unterlagen, die sie nicht mehr benötigen.“ Sogar Medaillen waren schon dabei.

„Wir wollen die Erinnerung an Walsum wach halten“, sagt Schorsch. Das sei die Motivation, Jahr für Jahr unzählige Stunden in dem alten Klassenzimmer zu verbringen – und am einstigen Konferenztisch der Schachtanlage Thyssen das Material zu sortieren.