Marxloh. Am Beispiel des Textilhauses von Erich Brandt erzählt Heimatforscher Hans-Joachim Meyer, wie die Nationalsozialisten die Verfolgung der religiösen Minderheit immer mehr verschärft haben. Am 10. November 1938 wurden die Schaufenster an der Weseler Straße/Ecke Wilhelmstraße demoliert und Feuer gelegt.

Am 10. November jährt es sich zum 75. Mal, dass der Terror der Nazis gegen die Juden auch in Hamborn einen ersten Höhepunkt erreichten. Heimatforscher Hans-Joachim Meyer erzählt das am Beispiel des Marxloher Textilhauses Brandt.

Erich Brandt, Jahrgang 1883, stammte aus Brandenburg und lebte vor dem Ersten Weltkrieg in Essen, als er an der Ecke Weseler Straße/Wilhelmstraße 1912 ein Textilkaufhaus eröffnete. „Das war damals ein gutbürgerliches Geschäftsviertel von großstädtischem Format“, berichtet Meyer. Zahlreiche stattliche Geschäftshäuser waren entstanden.

Jüdisches Gebetshaus im Visier

Dort bot Erich Brandt Damen-Konfektion, Kleiderstoffe, Seide, Herren-Artikel, Woll- und Strumpfwaren, Weiß- und Baumwollwaren, Kurzwaren, Handarbeiten, Teppiche und Gardinen an. 1927 existierte auch eine Filiale in We­hofen, Unter den Ulmen 2.

„Brandt war ein durch und durch ehrbarer Kaufmann“, so Hans-Joachim Meyer. Er hatte mit einem heute 93-jährigen ehemaligen Lehrling Kontakt. Erich Brandt habe am Ersten Weltkrieg teilgenommen, gehörte zu Zeit der Unruhen nach Kriegsende einer Einwohnerwehr an und engagierte sich als Kriegsveteran. Aber er war halt Jude und Mitglied der Hamborner jüdischen Gemeinde. 1914 hatte er an der Wiesenstraße in Marxloh gewohnt, ab 1918 dann an der vornehmen Hamborner Bayernstraße.

Geschäft und Wohnung verwüstet

Am 10. November 1938 tauchte er ab. Gegen 8 Uhr früh demolierten Braunhemden die Schaufensterscheiben und entzündeten Feuer im Geschäft, das ein Polizist jedoch löschte. Auch seine Wohnung wurde zerstört. Brandt siedelte mit Ehefrau Else und Sohn Ger­hard nach Köln über. Dort verliert sich seine Spur. Sein Chefdekorateur Jakob Hugo Maas und seine Einkäuferin Eva Scheidemann, beide ebenfalls Juden, wanderten 1939 nach Brasilien aus.

Der Terror gegen jüdische Kaufleute in Hamborn hatte schon am 7. März 1933 begonnen, als Braunhemden jüdische Geschäfte belagerten. Am 16. März 1933 trieben sie zwei Juden durch Marxloh.

Von Goebbels gesteuert

Am 1. April inszenierte Propagandaminister Joseph Goebbels einen reichsweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte - eine Reaktion auf angeblich wahrheitswidrige Berichte der (kritischen) Auslandspresse. Hauptziel der Ausschreitungen am 10. November war der Gebetsraum der jüdischen Gemeinde an der Kaiser-Friedrich-Straße. Das Haus musste nach dem Brandanschlag abgebrochen werden. Irrtümlich hatten die Nazis angenommen, es würde der Gemeinde auch gehören. Sein Eigentümer war aber gar kein Jude, er hatte es nur vermietet.