Marxloh. Interreligiöser Erfahrungsaustausch in der Ditib-Begegnungsstätte. Ernährungsberaterin räumte mit Mythen auf.

Der Ramadan-Monat hat begonnen und bestimmt den Alltag in Marxloh und anderen Stadtteilen. Doch auch in anderen Religionen ist das Fasten eine uralte Tradition. Zehra Yilmaz, Leiterin der Ditib-Begegnungsstätte, lädt daher alljährlich zum interreligiösen Austausch an die Warbruckstraße ein. Auch diesmal kamen rund 50 Gäste, um mit den Vertretern hiesiger Gemeinden zu diskutieren.

Erstmals war auch eine Referentin aus der Helios-Klinik St. Johannes dabei. Die Diabetesberaterin Ingrid Maas räumte mit einigen Mythen auf.

„Zum Fasten gehört immer das Gebet, ohne kann man auch zu den Weight Watchern gehen“, sagte Pater Oliver Potschien vom Sozialpastoralen Zentrum Petershof. Da stimmten seine Mitreferenten der evangelischen, russisch-orthodoxen und moslemischen Gemeinde zu. Im Kern bedeute Fasten eine Vorbereitung aufs Gebets.

Obwohl die Orthodoxen sich während dieser inneren Einkehr nur vegan ernähren und die Muslime während des Ramadan bis zum Sonnenuntergang weder essen noch trinken, scheint doch die Praxis der Protestanten die extremste. Zwar gibt es keine verbindlichen Vorschriften, doch Pfarrer Hans-Peter Lauer referierte die Ansichten des Reformators Johannes Calvin († 1564). „Das Fasten dient dazu, Gott zu ehren. Daher sollte man immer das Fleisch zähmen und unterwerfen.“ Folglich sollte immer gefastet werden und man solle ein schlichtes Leben ohne Luxus führen.

Niemand verhungert im Ramadan

Dagegen wird bei den Moslems regelrecht geschlemmt, sobald die Sonne untergeht, sagte Nigar Yardim von der Begegnungsstätte. Zwar werde auch viel aus dem Koran gelesen, aber „verhungert ist im Ramadan noch niemand – ganz im Gegenteil.“ Etliche würden in dem Monat viel Hüftgold sammeln.

Nach Sonnenuntergang erwacht Marxloh zum Leben

Als am Wochenende die Sonne untergeht, versammeln sich über 200 Menschen zum Fastenbrechen in der Ditib-Begegnungsstätte, wo schon gedeckte Tische mit Erbsensuppe, Fladenbrot und zuckertriefendem Baklava warten. Nach einem Dankesgebet greifen die Gäste zunächst zu Datteln, mit denen traditionell ein Fastentag beendet wird. Dann folgt ein üppiges Büfett mit Reis, Kartoffeln, Köfte und Lammgeschnetzeltem. Fast neidvoll blicken die wenigen christlichen Besucher sich um, vom Kindesalter bis zu Senioren ist alles vertreten – so eine große gesellschaftliche Relevanz, so einen Rückhalt hat christliches Fasten schon längst nicht mehr.

Draußen vor der Moschee erwacht der Basar zum Leben, dort sind Zelte aufgebaut, in denen die Marxloher Moslems ihre erste Mahlzeit des Tages zu sich nehmen. Hunderte Menschen strömen dorthin wie bei einem Stadtteilfest. Auch in den Restaurants in der Nähe herrscht Hochbetrieb, Ramadan feiert man nicht allein.

Das wunderte Diabetesberaterin Maas nicht, denn Ramadan sei kein Fasten, sondern lediglich eine „Nahrungsverschiebung“. Ohnehin sei Fasten, gleich welcher Religion, aber für gesunde Menschen kein Problem. Kranke sollten aber vorher den Rat ihres Arztes einholen. Dass diese Art der Enthaltsamkeit gesund sei, ließe sich jedoch nicht belegen. Man brauche sie nicht, um den Körper zu entschlacken, das schaffe er auch ohne Hilfe. Ein Gast sagte, er fühle sich morgens fitter, weil sein Körper keine Energie zum Verdauen brauche. Laut Maas gehe das allerdings nur solange gut, bis die Energiespeicher des Körpers leer sind – dann drohen Kreislaufprobleme und Austrocknung, die gefährlich werden können.