Fahrn. . Auf der geschlossenen Anlage „Kleine Emscher“ können sich Interessierte bis Oktober umsehen. Ein Projekt der Emscherkunst 2013.
„Für mich war das von Anfang an ein ganz spezieller Ort“, sagt der Berliner Künstler Tue Greenfort in der Eingangshalle der 1999 stillgelegten Klärwerkanlage Kleine Emscher am Ende der Nordstraße in Fahrn. „Es sah hier so aus, als wäre das Gebäude von einem Tag auf den anderen verlassen worden, ich habe sogar noch eine gebrauchte Kaffeetasse gefunden“.
Der gebürtige Däne führt gemeinsam mit dem Biologen Dr. Mario Sommerhäuser von der Emschergenossenschaft eine Besuchergruppe durch sein Kunstprojekt „Klärung“. Für die Dauer der Emscherkunst 2013 bis zum 6. Oktober dieses Jahres hat er im alten Klärwerk ein Wasserarchiv eingerichtet.
In der Maschinenhalle mit den drei großen Schiffsmotoren läuft auf drei Leinwänden sein Film, der vom Kleinstlebewesen im Gewässer bis zur Förderkorbfahrt in die Tiefe einer Zeche die Geschichte von Verhältnis zwischen Mensch und Wasser an der Emscher erzählt. Greenfort sammelte Wasserproben aus aller Welt und stattete das ehemalige Labor des Klärwerksmeisters symbolisch für kleine Analysen aus.
Proben aus der Emscher dürfte man hier aber nicht analysieren, wegen der Keimbelastung des Wassers. Denn, das eigentliche Archiv ist das Wasser selbst, in dem sich jede Einleitung ansammelt und aufbewahrt.
Zum Projekt gehört auch ein Rechercheraum mit Karten zur Lokalisierung der ausgestellten Wasserproben, Büchern und dem Zugang zur eigenen Internetseite www.neiterwastenorwater.net.
„Renaturierung“, ist das Stichwort, an dem sich nach der Führung die lebhafte Diskussion zwischen Künstler, Biologe und Besuchern entzündet. Sommerhäuser fasst zusammen, mit welcher Gewalt die Flusslandschaft hier verändert wurde. „Die aktiven Bergwerke haben eine unterirdische Abwasserführung unmöglich gemacht, deshalb war und ist die Emscher in Teilen heute noch ein offener Abwasserkanal.
Sie ist hochgedeicht, aber das Umland ist durch den Bergbau bis zu 30 Meter tief abgesackt, deshalb halten 200 Pumpen, die Tag und Nacht laufen und die Zuflüsse auf Emscher-Niveau hochbringen, große bewohnte Flächen trocken, die sich sonst in Seen verwandeln würden.“
Das seien Bedingungen, die man nicht rückgängig machen könne, deshalb beinhalte der Begriff Renaturierung auch eine unerreichbare Idealvorstellung. „Das alte, sumpfiges Emscherdelta inklusive jährlicher Mückenplage und Choleragefahr wünscht sich ja wohl auch keiner zurück“, vermutet Sommerhäuser. „Doch ich hätte gerne ein sumpfiges Delta“, äußert Tue Greenfort, der Mann mit der Schwäche für besondere Orte, zum allgemeinen Erstaunen.
Gesperrtes Klärwerk vorübergehend für die Bürger geöffnet
Gästeführerin Brunhilde Böhls gewinnt der Kunst im Klärwerk einen ganz praktischen Nutzen ab: „Früher durfte man hier nie hin, alles war abgeschlossen. Jetzt ist das Gelände zugänglich, es gibt geführte Touren und ich habe hier schon ein paar Graureiher und einen Eisvogel beobachten können.“