Duisburg-Hamborn. . Aus den Lochblechen vor den Fenstern des ehemaligen Restaurants der Rhein-Ruhr-Halle dringt dicker weißer Rauch. In diese Gefahrenzone müssen jetzt schnellstens die Rettungskräfte. Ein Bericht von der Hamborner Großübung.
Der große Platz vor der Rhein-Ruhr-Halle ist mit Unkraut überwuchert und voller Scherben. Die knirschen unter den schweren Stiefeln der Feuerwehrleute. Aus den Lochblechen vor den Fenstern des ehemaligen Restaurants dringt dicker weißer Rauch. Wer sich durch das Gewirr der Schläuche näher heran traut, wird sofort mit der eigenen Überflüssigkeit konfrontiert. Alle rennen durcheinander, schleppen Ausrüstung hin und her, sprechen in ihre Funkgeräte und rufen sich gegenseitig Anweisungen zu. Man scheint immer gleich mehreren vermummten Gestalten auf einmal im Weg zu stehen.
Zugegeben, der Großbrand, der am Samstag früh im Küchenbereich der alten Halle ausgebrochen ist, existiert nur zu Übungszwecken. Aber die Anspannung, das Adrenalin, der Qualm und der Schweiß sind echt.
Kleine Überraschungen
Drei Löschzüge der Freiwilligen Feuerwehr Duisburg üben gemeinsam mit der Sondereinheit Fernmeldedienst und der Jugendfeuerwehr den Ernstfall. Dabei ist die verlassene Rhein-Ruhr-Halle eher ein Glücksfall für die Brandbekämpfer.
Ein städtisches Gebäude, das keine Miete kostet und rundherum Plätze für die große Menge der Einsatzfahrzeuge bietet, ist ein nahezu idealer Ort für ein ausgefeiltes Übungsszenario zur Brandbekämpfung und Personenrettung. 130 Feuerwehrleute sind damit beschäftigt, die Aufgaben zu lösen, die Löschzugführer Dieter Stradmann sich für die Großübung ausgedacht hat.
Der verfolgt gespannt den Funkverkehr. „Da haben sie gemeldet, dass sie einen Brandherd erledigt haben“, sagt er erfreut, „das denken die aber nur, weil ich den gleich wieder anstecken werde.“ Er hat noch einige kleine Überraschungen für die Kollegen in der Hinterhand, wie er verrät: „Die müssen nachher den Keller durchsuchen, bei absoluter Nullsicht, das ist besonders fies.“ Auch auf das Dach werden sie noch klettern müssen, mit Drehleiter und allem Drum und Dran.
30 Kilo auf dem Rücken
Was an Feuerwehrleuten alles so dran ist, kann mit Pressluftflasche, Werkzeug und Kleidung schon über 30 Kilo wiegen, schätzt Direktionsdienst Martin Spehr von der Berufsfeuerwehr. Damit im dichten Rauch rückwärts eine Treppe runter zu kriechen, um eine 80 Kilo schwere Puppe zu bergen, ist absolute Schwerstarbeit.
Trotzdem müssen die Zugführer ihre Leute regelrecht aus der brennenden Hütte jagen, wenn ihre Zeit um ist. Alle sind vom Einsatzfieber gepackt und schuften, als wäre der Brand echt. „Natürlich macht so eine Übung auch richtig Spaß, die Leute sind alle freiwillig hier“, sagt Martin Spehr, „dabei dürfen sie aber nie vergessen, dass die Sache einen sehr ernsten Hintergrund hat.“
Patrick Schulz hat es gerade zurück ins Freie geschafft und nimmt schwer atmend die Maske und den Helm ab. Er hat die Umkleiden planmäßig durchsucht und einen Verletzten geborgen. Er ist nass geschwitzt und gönnt sich erst mal einen Schluck zu trinken.
„Mir ging langsam die Luft aus“, erzählt er, „wir müssen immer die doppelte Menge an Pressluft für den Rückweg übriglassen, sonst schaffen wir es im Ernstfall vielleicht nicht mehr bis nach draußen“. Der 24-Jährige fing mit zwölf Jahren bei der Hamborner Jugendfeuerwehr an. Er ist jetzt schon sein halbes Leben dabei.
Die Kollegen versuchen inzwischen, sich einen neuen Zugang zu verschaffen und brechen die Blechtüre neben dem alten Restauranteingang auf. Die widersteht sowohl Axthieben als auch wuchtigen Hammerschlägen und federt immer wieder zurück. Einer der Beobachter in Uniform macht sich eine Notiz für die anschließende Manöverkritik. „Vielleicht kriegen sie nachher gesagt, dass sie lieber sofort den großen Trennschleifer hätten nehmen sollen“, überlegt Martin Spehr, „aber Kritik macht denen nichts aus. Die wissen, wie wichtig es ist, alle Abläufe zu optimieren.“