Duisburg-Hamborn. . Ohne Arbeit, ohne Essen, ohne Medikamente: Ludger K. wartet seit Ende Mai auf Geld vom Amt
„Starren sie ruhig auf meine Klamotten“, sagt Ludger K. (Name geändert und der Redaktion bekannt) beim Redaktionsbesuch und zupft nervös an seiner Adidas-Jacke und dem exklusiven Fußballtrikot darunter, „aber die ändern auch nichts an meiner Scheiß-Situation. Nur weil ich gerade ganz unten bin, muss man es mir ja nicht unbedingt auch noch ansehen.“
Unten war der 42-jährige nicht immer: Er ist gelernter Kranführer, arbeitete in der Stahlindustrie.
Lebensgefährtin leidet an Diabetes
Zwar war er in den Jahren seit dem Jahrtausendwechsel mehrfach auf Arbeitslosengeld und Hartz-IV angewiesen, aber Ludger arbeitete auch regelmäßig: „Eigentlich hatte ich mit Ämtern auch nie Probleme. Bis zum Frühjahr“, sagt der muskulöse Mann, der in Röttgersbach mit einer zuckerkranken Lebensgefährtin zusammenlebt.
Im vergangenen Jahr noch hatte Ludger Wechselschichten für einen Leih-Arbeitgeber gefahren: „Da habe ich gut verdient, fast 1900 Euro im Monat.“ Dann verlor er den Job, wurde wieder bei der Arbeitsagentur vorstellig: „Die Zahlungen gingen alle ordnungsgemäß ein, bis ich darauf aufmerksam gemacht habe, dass sie mir zu wenig Geld zahlen“, sagt Ludger und fügt hinzu, dass er dies heute bitter bereut, „darauf haben sie extrem gereizt und verärgert reagiert.“
Ludger sagt, er habe im Frühjahr dennoch relativ schnell eine Nachzahlung des Amtes erhalten: „Und dann ging plötzlich der Ärger los!“
Das Amt habe im April 2012 weitere Belege über seine finanzielle Gesamtsituation von ihm angefordert, plötzlich habe seine Sachbearbeiterin Jahre alte Kontoauszüge von ihm sehen wollen. Außerdem habe er sich nachträglich für eine Urlaubsreise erklären sollen: „Ich habe ja gesagt, dass ich 2011 gut verdient hatte..“ Also machte er Ende 2011 eine Urlaubsreise nach Südamerika, in die Heimatregion seiner Lebensgefährtin, wohin er auch gern auswandern würde: „Habe ich ordnungsgemäß angemeldet, die Reise. Darauf hatten wir schließlich gespart.“
Keinerlei Unterstützung von Verwandten und Freunden
Nach einer Überweisung Ende Mai, jedenfalls, stellte die Arbeitsagentur die Zahlungen an Ludger ein. Begründung: Er verweigere die Zusammenarbeit bei der Offenlegung seiner finanziellen Situation.
Seitdem, hat der Mann, der schwört, er habe keinerlei Unterstützung von Familie oder Freunden, kein Geld mehr. Keine Arbeit, keine Krankenversicherung: „Weil sämtliche Bewilligungsbescheide aufgehoben sind.“
Hunger habe er. Die Lebensgefährtin sei daheim mehrfach zusammengebrochen: „Diabetes. Ich weiß nicht, wie lange sie das noch schafft. Habe Angst, dass sie stirbt“
Arbeiten? „Will ich, kann ich, aber wie soll ich zur Arbeit kommen ohne Busfahrkarte?“
Letzte Nachricht von Ludger: Einen Job hat er gefunden. In Hochfeld. Zu essen hätten sie immer noch nichts. Aber Busfahrkarten, die bis Freitag reichen: „Danach weiß ich nicht weiter . . .“
Elf Konten und ein Hausverbot
„Herr K. hat in unserem Hause mittlerweile Hausverbot“, sagt eine Sprecherin des Jobcenters auf Nachfrage der Redaktion, „er ist uns gegenüber wiederholt sehr aggressiv aufgetreten.“
Mit den Nachforderungen, die Ludger K. gestellt hat, habe seine Situation nichts zu tun, sagt die Sprecherin: „Herr K. hat sich sehr lange geweigert, uns gegenüber seine finanzielle Situation zu erklären. Um Leistungen zu erhalten, muss er dies aber tun.“ Mittlerweile kooperiere er aber mit der Behörde: „Das tut er aber erst seit einigen Tagen.“ Luder K.’s Fall liege beim Sozialgericht. Der Richter und K.’s Anwältin seien informiert.
Vor zwei Jahren habe das Amt mit Ludger K. bereits schlechte Erfahrungen gemacht: „Damals hat er uns erst verspätet Vermögen von über 30.000 Euro gemeldet, das zu dem Zeitpunkt aber nicht mehr verfügbar war.“ Außerdem, sagt die Sprecherin weiter, habe das Amt bei Ludger K. 11 Konten entdeckt. Auch den Ursprung des Geldes für die Südamerika-Reise habe K. erst spät belegt: „Dann müssen wir natürlich reagieren.“
„Frechheit“, nennt K. die Aussagen der Sprecherin. Fakt sei, dass er kooperiere, das sei der einzig wesentliche Punkt: „Die 30.000 Euro, die gehörten meiner Lebensgefährtin aus einem Rentensparvertrag.“
Viele der genannten Konten seien außerdem längst gelöscht: „Ich bin geschieden und hatte früher natürlich andere Konten.“