Duisburg-Hamborn. . Hamborner Realschüler lernen in einem Seminar perfekte Manieren. Sie kriegen das sogar schriftlich.
Wolfgang Hirdes lächelt milde, zwirbelt sich den Schnäuzer und erzählt vom Vorstandsvorsitzenden, der als „Schnellesser“ seine Belegschaft frustrierte: „Da mussten die Mitarbeiter dann richtig reinhauen“, sagt Hirdes und blickt im Klassenraum 303 der Hamborner August-Thyssen-Realschule in die Runde: „Der Gastgeber sollte das Besteck immer als letzter weglegen. Dann ist das Essen vorbei.“
Die 12 Schüler aus dem Zehner-Jahrgang, die an diesem Mittwoch freiwillig die vierte und letzte Lehrveranstaltung ihres Seminars für „Umgangskultur“ belegen, lachen. Dezent.
Gelernt ist halt gelernt.
„Weiter im Text“, sagt Wolfgang Hirdes, „Thema Stoffserviette: Wird beim Essen mit der Öffnung nach vorn auf die Knie gelegt.“ Umgangsformen sind scheinbar spannend. Scheinbar „der Burner“, wie junge Leute heute sagen. Denn die Hamborner Schüler lauschen dem „Benimm-Coach“ ganz gespannt.
Der smarte Hirdes ist Mitglied des Malteser-Ordens. Gemeinsam mit einem guten Dutzend Ordensbrüdern und Schwestern ist der Spross einer Gastronomen-Familie zwischen Hattingen und dem Duisburger Norden unterwegs, um Schülern gute Umgangsformen näher zu bringen.
Im Fall der August-Thyssen-Realschule war es der angehende Lehrer für Sozialwissenschaften, Politik und Sport Dominik Nowak, der den Malteser gemeinsam mit der Schulleitung an die Schule holte. „Ich bin selbst Malteser“, sagt Nowak, „und ich wusste von diesem Projekt.“ Gemeinsam mit Axel Lemmen, Diözesanleiter und Stadtbeauftragter der Malteser, und mit der finanziellen Unterstützung des Computer-Riesen IBM, wurde den Hamborner Zehntklässlern das Seminar für Umgangskultur ermöglicht.
Wobei Wolfgang Hirdes nicht nur die Schüler, sondern manchmal auch Lehrer Nowak (und Redakteur Balke) verblüfft: „Brot zum Essen darf nur bestrichen werden, wenn es Schmalz oder Quark gibt“, sagt Hirdes, jetzt ganz ernst, „ansonsten ist das Brot zu brechen und nur dort mit Butter zu bestreichen, wo man es abzubeißen gedenkt.“
Auch, dass Blumen auf festlichen Tafeln nie über Augenhöhe ragen dürfen, Gläser nur am Stiel gefasst werden und Kerzen ausschließlich auf Geburtstags-Tische gehören, ist sicher kein Allgemeinwissen. Für Berna, die jetzt vor der Klasse zeigt, wie man formvollendet für vier Gänge eindeckt, kein Problem mehr. Wie auch für die meisten ihrer Mitschüler. Die lernen übrigens nicht nur fürs Leben, sondern auch für das festliche Abschluss-Dinner im schicken Restaurant Angerhof, eine von Duisburgs besten Adressen.
Dort werden sie Montag gemeinsam formvollendet speisen. Mit Vertretern der Malteser und von Sponsor IBM. Spätestens dann – da ist sich der engagierte angehende Lehrer Dominik Nowak sicher – werden auch die Manager des Computer-Konzerns sehen, dass Hamborner Jugendliche sich vor Gleichaltrigen aus anderen Regionen nicht verstecken müssen: „Die sind super, unsere Schüler!“