Duisburg-Neumühl. . Manche werden es nach und nach, andere auf einen Schlag. Wenn Eltern, Partner oder Geschwister pflegebedürftig werden, dann ändert sich das Leben von Grund auf
Manche werden es nach und nach, andere auf einen Schlag. Wenn Eltern, Partner oder Geschwister pflegebedürftig werden, dann ändert sich das Leben von Grund auf. Seit der Einführung der Fallpauschalen haben sich die Liegezeiten in den Krankenhäusern stark verkürzt. Da bleibt den Angehörigen wenig Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Der Sozialdienst im Krankenhaus berät beim Antrag zur Pflegestufe und der Beschaffung der Hilfsmittel.
Zuhause zeigt sich oft, dass doch noch viele Probleme ungeklärt geblieben sind. Was mache ich, wenn zwar ein Pflegebett geliefert wurde, aber keine Aufrichthilfe? Warum blinkt die neue Wechseldruckmatratze zwar heftig, funktioniert aber nicht? Warum passen die Urin-Beutel aus dem Sanitätshaus nicht zum Katheter? Wer viel Kraft bei seinem Angehörigen lässt und trotzdem jeden Tag allein gegen die Tücke des Materials und des Papierkrams kämpfen muss, gerät schnell an den Rand seiner Möglichkeiten.
Was dann passiert, nennt Bernd Siegel, der Leiter des Projektes „Pflegende Angehörige“ im Helios Klinikum Duisburg, den Drehtüreneffekt. Kaum ist der Patient entlassen, wird er wieder eigeliefert, weil es zuhause einfach nicht klappt. „Wir erleben in unseren Krankenhäusern pflegende Angehörige, die häufig an der Grenze der Belastbarkeit leben“, sagt Siegel. Um die Lücke zwischen Krankenhausaufenthalt und häuslicher Pflege zu schließen, beteiligen sich die Helios Kliniken an einem Modellprojekt, dass die Universität Bielefeld betreut und das aus Mitteln der Pflegekassen der AOK Rheinland und der AOK NordWest finanziert wird. In NRW sind seit 2004 über 200 Krankenhäuser im Projekt dabei.
Zum Projekt gehört die Ausbildung von Pflegetrainern, die schon während des Krankenhausaufenthaltes Kontakt knüpfen und mit den Angehörigen ein erstes Pflegetraining machen. Nach der Entlassung kommt der Pflegetrainer maximal sechs Wochen lang zu ein bis zwei Hausbesuchen in der Woche, um die Pflegeperson weiter zu unterstützen. Die Trainer sollen den häuslichen Pflegediensten keine Konkurrenz machen, sondern ihre Arbeit auf den Angehörigen ausrichten. Dabei geht es oft nicht nur um die verflixte Wechseldruckmatratze oder den richtigen Griff beim Aufstehen, sondern auch um die Psyche des Pflegenden. „ Wir sind gern gesehene Gäste, bei denen die Angehörigen so richtig ihr Herz ausschütten“, fasst Pflegetrainer Peter Wenz seine Erfahrung zusammen. Ergänzt wird das Programm durch die Bildung von Gesprächskreisen, in denen Pflegepersonen sich miteinander austauschen können. Die Teilnahme am Projekt ist für die Familien kostenlos, Voraussetzung ist, dass dem Patienten eine Pflegestufe bewilligt wurde, oder zumindest ein entsprechender Antrag läuft.
Zurzeit stehen in den Helios Kliniken sieben Pflegetrainer zur Verfügung, die den Kurs berufsbegleitend absolviert haben. Bei Bedarf sollen weitere ausgebildet werden. Bedenkt man, dass in NRW 70% der Pflegebedürftigen von Angehörigen versorgt werden, dann kann am Bedarf eigentlich kein Zweifel bestehen.