Geschichte fasziniert viele Menschen, je näher sie zurückliegt, desto mehr. Je weiter man zurückblickt, um so schwieriger aber wird es, sie zu erfassen. Was vor dem Spätmittelalter liegt, lässt sich oft nur durch archäologische Funde erklären. Geschichtsforschung gleicht dann einem Puzzle, das nie fertig wird. Umso wichtiger ist es dann, den erreichten Stand zu dokumentieren. Und das hat jetzt Pater Dr. Lud­ger Horstkötter von der Abtei Hamborn getan.

In der neu von ihm begonnenen Schriftenreihe „Hamborner Geschichtsquellen“ legt er „Archäologisches aus Duisburg-Hamborn und Umgebung von der Vor- und Frühgeschichte bis ins hohe Mittelalter“ vor. Es ist kein Geschichtsbuch, das der Pater da auf über 550 Seiten verfasst hat, sondern eine Materialsammlung darüber, was an Arbeiten und Funden bis jetzt existiert.

Rhein: Ursprünglich ein Siedlungshindernis

Heute dreht sich in Duisburg alles um den Rhein und die Rolle der Stadt als Verkehrs- und Logistik-Drehscheibe. Dabei war der große Fluss früher das größte Siedlungshindernis überhaupt. Nach der letzten Eiszeit, so schreibt der Pater in der Einleitung, angesichts der großen Menge abschmelzenden Eises, hatte er ein Flussbett gebildet, das sich über 15 bis 20 Kilometer Breite erstrecken konnte: von Sterkrade bis Kamp-Lintfort. Jahrtausendelang war dort „ein schlechtes Durchkommen“. Denn ein breites Über­schwem­­mungsgebiet mit wechselnden Flussbetten und sumpfiger Umgebung prägte die Landschaft.

Eine der wenigen überschwemmungsfreien Anhöhen war die Stelle, an der später die Abtei Hamborn bzw. der für sie namengebende Gutshof entstanden, aber auch Bruckhausen. „Fünf Meter Höhenunterschied reichten dafür aus“, sagt der Pater.

Ganz anders präsentierte sich da die Emscher, der zweite wichtige Fluss in der Region. Auf ihrem Lauf zwischen Dortmund und der Rheinmündung bei Alsum verlief sie in sanften Bögen und führte viel weniger Wasser. „Sie war beherrschbarer für die Menschen“, bilanziert der Autor. Ihre Ufer bildeten das Kulturland, von dem aus die Besiedlung erfolgte. „Sie bildete“, berichtet Pater Ludger, „auch den Hauptverkehrsweg.“ Denn die bewachsenen Ufer mit ihren Wäldern und Heiden seien anfangs noch undurchdringlich gewesen.

Als ältester Nachweis menschlicher Anwesenheit in der Region gilt die 8,3 Zentimeter lange Vogelheimer Klinge aus Feuerstein, 200 000 Jahre alt, die 1926 beim Bau des gleichnamigen Essener Hafens am Rhein-Herne-Kanal gefunden wurde. „Sie war so behauen, das müssen Menschen gewesen sein“, sagt der Pater, hinterlassen an einem Rastplatz wandernder Neandertaler. Am anderen Ufer der alten Emscher, heute auf Bottroper Gebiet ge­genüber von Vogelheim, fand sich 1963 bei Baggerarbeiten ein 80 000 Jahre altes Mehrzweckwerkzeug.

BehauenesHirschgeweih

Die ersten Nachweise des modernen Menschen stammen vom Ende der letzten Eiszeit, um 9600 vor Christus. Beim Bau der Dellwiger Schleuse am Rhein-Herne-Kanal wurde 1912 ein mit Steinwerkzeugen behauenes Hirschgeweih gefunden. Der älteste menschliche Schädel, der sich 1911 in Osterfeld fand, stammt aus der Zeit um 10 000 vor Christus. Die älteste bislang nachgewiesene menschliche Siedlung auf Duisburger Gebiet konnte 1931 beim Hagenshof in Obermeiderich dokumentiert werden: aus der Zeit um 4000 vor Christus.

Was sich an Hunderten von weiteren Einzelfunden ergeben hat, listet der Autor minuziös auf. Sein besonderes Augenmerk gilt dabei den Tongefäßen aus dem Boden der Abteikirche, die er selbst dort 1969 ausgraben konnte. Sie stammen aus der Zeit um 900 nach Christus. Nicht veröffentlicht waren bislang die Erkenntnisse zur Vorgeschichte des Hofes Hamborn, wie sie aus Grabungen vor der Abtei 1987 gewonnen worden sind.