Duisburg-Walsum. .

Hellbraun, unruhig und vor allem schnell fließt der Rhein in Walsum derzeit dahin. Er scheint unendlich breit, wirkt fast schon wie eine Seenplatte, aber eine ganz schön vom Wind aufgepeitschte. Der Sturm hat sich am Freitagmorgen zwar gelegt, über dem Wasser aber weht er trotzdem noch deutlich spürbar. Da schlägt man den Kragen hurtig hoch.

Wir suchen die Rheinfähre, die uns nach Orsoy schippern soll. Aber am gewohnten Platz legt sie schon seit Tagen nicht mehr an. Das Ufer steht meterhoch unter Wasser. Die Verkehrsschilder, die sonst unmittelbar vor der Wasserkante stehen, kann man gerade noch ohne Fernglas erkennen. Aber was soll’s: Bis der Rhein sich wieder in sein normales Bett zurückgezogen hat, haben sie eh keine Bedeutung mehr. Bei 7,75 Metern steht der Pegel inzwischen. Am heutigen Samstag soll er noch mal knapp einen Meter höher liegen. Dann wird Orsoy nicht mehr an der parallel zum Rhein verlaufenden Fährstraße angesteuert, sondern direkt vorm Stadttor. „Wir brauchen mindestens 90 Zentimeter Wasser unterm Kiel“, sagt Kapitän Andreas Rokida. Die hat er dann locker, wenn er über die Wiesen hinweg und um Baumkronen herum gleitet.

„Normalerweise“, sagt Fähreigner Dirk Nowakowski (40), „fahren wir knapp 350 Meter. Jetzt sind es 800.“ Heute muss das Schiff vielleicht sogar 1000 Meter zurücklegen. Weil der Stadttor-Anleger nicht direkt, sondern in einer Kurve angesteuert werden muss. Da ist höchste Konzentration beim Käpten gefragt: Ständig muss er jetzt schon wegen der Strömung gegensteuern, dann muss er auch noch auf die im Wege stehenden Bäume und Schilder achten. Aber das macht er schon: Schließlich steuert er das Schiff mit seinen gut 400 PS-starken Maschinen schon seit zwei Jahrzehnten durch Wind und Wetter. Dass der Fährbetrieb in den nächsten Tagen eingestellt wird, ist unwahrscheinlich: Dann müsste der Rheinpegel die 11,30-Meter-Marke knacken. Das aber ist nicht vorhergesagt.

Der schnelle Weg über den Rhein

Die Rheinfels ist das ganze Jahr über in Betrieb, seit 53 Jahren: Derzeit nimmt sie unter der Woche um 6.15 Uhr den Betrieb auf, die letzte Fahrt nach Orsoy startet um 19.20 Uhr. Zehn Autos haben darauf Platz, zudem Zweiradfahrer und Fußgänger. Fürs Mittelklasse-Auto zahlt man 3,50 Euro pro Strecke, Fußgänger sind mit einem Euro dabei. Natürlich werden auch preisreduzierte Zehner- und Dauerkarten angeboten. Besonders gerne wird die Fähre von Radlern genutzt. Per Schiff erspart man sich als Autofahrer einen Umweg von gut 25 km. Weitere Infos unter www.rheinfaehre-walsum.de

Total begeistert von der „Rheinplatte“ ist das Ehepaar Mathilde und Hans-Werner Tylle. Die Rentner schippern einmal nach Orsoy und zurück – „weil’s so schön ist. Eine Fahrt mit der Rheinfels ist wie ein kleiner Urlaub“, sagt die 73-Jährige. Die dann lachend gesteht: „Der Rhein, darin bin ich verliebt, damit bin ich verheiratet.“ Sie lässt sich gerne den Wind um die Ohren blasen, schaut den Schiffen und den vielen Wasservögeln zu. „Sehen sie mal da vorne, da schwimmen zwei Kormorane“, ruft Hans-Werner – und zeigt in Richtung Orsoy. Er mag es auch, die Tiere zu beobachten. Einen Ausflug an den großen Fluss, das können die beiden derzeit nur jedem empfehlen: „Wann kriegt man den Rhein schon mal in einer solchen Breite zu sehen“, sagen sie. „Eine herrliche Ansicht, besonders mit der Industriekulisse im Hintergrund“, sagt Hans-Werner Tylle auf dem Rückweg nach Walsum.

Auch ein Geschäftsmann freut sich auf die Überfahrt, die ganz unverhofft kam, weil ihn das Navi dorther lotste: „Normalerweise wird mir schon in der Badewanne ganz schlecht“, lacht der Mann in seinem Kleinlaster. „Aber jetzt genieße ich die Fahrt richtig.“ In der Tat: Ganz ruhig glitt das Schiff dahin. Tja, eine Rheinfahrt, die ist lustig...