Duisburg. . In der Ditib-Begegnungs- und Bildungsstätte in der Marxloher Moschee an der Warbruckstraße tauschten deutsche und türkische Frauen Erinnerungen aus. Thema: „Meine deutsche Oma“.
Es war wie ein gemütlicher Kaffeeklatsch, ein interkultureller Klönschnack zwischen türkischen und deutschen Frauen, voller Episoden und Anekdoten. Vier Türkinnen aus verschiedenen Generationen berichteten, wie sie als junge Mädchen nach ihren Ankunft in den 1970er Jahren in Duisburg von deutschen Großmüttern herzlich aufgenommen und betreut wurden. Titel der Gesprächsrunde in der Ditib-Begegnungs- und Bildungsstätte in der Marxloher Moschee an der Warbruckstraße: „Meine deutsche Oma“.
Als das Wort Integration noch gar keine Rolle spielte, gab es aber schon die deutsche Oma. Es war die Frau von nebenan, die sich um die türkischen Kinder kümmerte. Die deutschen Frauen in Marxloh und anderswo wurden so zu ersten Integrations-Helfern.
50 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeabkommen. Alle reden von den Gastarbeitern, die kamen. Vergessen werden meist die Menschen, die sie hier aufnahmen und sich um sie oder ihre Kinder kümmerten.
Fast jede türkische Familie hatte eine „deutsche Oma“, die ihnen zu Weihnachten Plätzchen brachte oder sich um die Kinder oder ihre Schularbeiten kümmerte.
Nidar Yardim (48) erzählt von Oma Schneider von gegenüber: „Sie ging rasch bei uns täglich ein und aus. Oma Schneider half meiner Mutter, als sie schwanger war. Auch mit meinen Hausaufgaben bin ich immer zu Oma Schneider gegangen.“ Die junge Türkin spielte auch jeden Tag mit Enkelin Claudia. „Auch von ihr habe ich viel gelernt, obwohl sie eine kleine Zicke war...“, schmunzelt die studierte Theologin und Politologin.
Elif Saat (30), in Marxloh geboren und aufgewachsen, hatte sogar drei deutsche Omas in der Nachbarschaft, die mit Rat und Tat halfen. „Meine Mutter und ich waren froh, dass es diese Omas gab. Denn meine Mutter war jeden Tag allein zu Hause. Der Vater war auf der Arbeit. Die Omas gaben uns Sicherheit.“ Den längsten Kontakt hatte Elif zu Oma Jäger. Da gab es Gespräche, Tipps, Ratschläge, auf Deutsch. Auch Oma Jäger sprang bei den türkischen Nachbarn oft ein, als die Mutter schwanger war, wenn jemand in der Familie krank war. „Auch wenn es oft sprachliche Probleme gab: Dank der Mütter von nebenan gab es kaum Hemmschwellen“, so die heutige Finanzmanagerin.
Als Hüseyin Savas (70) 1972 nach Hamborn kam, freundete sie sich mit einer deutschen Mutter an, die sich intensiv um ihren Sohn und ihre Tochter kümmerte. „Später wurde unsere Beziehung noch enger. Wir haben uns angefangen zu duzen.“ Ähnlich intensiv, ja herzlich waren die Freundschaften zu einer weitern Frau und einem Ehepaar aus Marxloh. „Die Frau wurde zu meiner Schwester, das Paar zu meinen Ersatzeltern“, so Hüseyin Sawas. „Ich habe mich hier in Duisburg nie als Fremde gefühlt.“
Auch die Marxloherin Behice Sanli (62) wurde damals schnell in die deutsche Hausgemeinschaft aufgenommen, auch sie hatte ihre deutsche Oma: „Als sie starb, vererbte sie mir sogar ihren Ofen und noch zwei Tonnen Kokskohle dazu!“, erzählt sie heute lachend.