Duisburg. .

70 Jahre nach Stalins Vertreibungs-Befehl: Ein Abend beleuchtete die wechselvolle Geschichte der Russlanddeutschen.

„Erst 10 Jahre nach Beendigung des zweiten Weltkrieges sahen die Russlanddeutschen Licht am Ende des Tunnels“, sagt Otto Engel. Nur wenige hätten es vorher geschafft, vor den „Säuberungswellen“ des Diktators Stalin nach Deutschland zu flüchten. Der Georgier rächte sich für den feigen deutschen Angriff auf die Sowjetunion auch an Deutschen, die nicht oder nur unmittelbar beteiligt waren.

In Nachkriegs-Deutschland waren„Russlanddeutsche“ ebenfalls nicht uneingeschränkt willkommen. Ein Menschenschlag, stets zwischen Hoffnung und Heimsuchung: Dem oft tragische Schicksal der Russlanddeutschen widmete die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V. einen Abend im Hamborner Rathaus. Anlässlich des 70. Jahrestages der Deportation der Deutschen aus Russland veranstaltete Otto Engel – ein aus der Ukraine stammender Deutscher – eine spannende Präsentation. Die thematisch passende Ausstellung „Schicksal in Bildern“ von Günther Himmel war ebenso zu bestaunen. Sein Kollege Dr. Leopold Schnell: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann auch keine Zukunft schaffen.“

Die Geschichte der Russlanddeutschen beginnt Ende Anfang des 18. Jahrhunderts. Damals wollte Zar Peter I. den russischen Staat modernisieren, hatte aber keine Fachkräfte zu r Verfügung, wie Otto Engel sagt: „Deshalb warb Peter I. um deutsche Wissenschaftler, Offiziere, Handwerker und Techniker sowie um Lehrer und Ärzte.“

Die planmäßige Ansiedlung Deutscher in Moskau und St. Petersburg fand unter der Herrschaft der „deutschen Zarin“ Katharinas II. statt, die später „Katharina die Große“ genannt wurde. Die Auswanderer sollten die bisher unbebauten ländlichen Gebiete im Süden des Landes für Landwirtschaft nutzen. „Sie versprach den ausländischen Siedlern Religionsfreiheit, Befreiung vom Militärdienst, Selbstverwaltung auf ihrer Heimatsprache, eine finanzielle Starthilfe und eine 30-jährige Steuerfreiheit“, erklärt der Diplomingenieur.

Die Deutschen litten damals unter schlechten Ernten, zahlreichen zermürbenden Kriegen, bezahlten hohe Steuern und hungerten nicht selten schwer.

„Auf der Reise, die oft zu Fuß angetreten wurde, gab es eine hohe Sterblichkeitsrate. Der Marsch war so hart, dass teilweise ein Drittel der Auswanderer starben.“ Gut 30.000 größtenteils deutscher Siedler kamen in den Jahren 1764 bis 1767 in Russland an und mussten feststellen, dass die Angebote der Zarin doch nicht ganz ihren Vorstellungen entsprachen.

Beispielsweise durften sie nicht mehr in ihren eigentlichen Berufen arbeiten. Stattdessen musste jeder landwirtschaftliche Tätigkeiten ausüben. Vor allem im Wolgagebiet durften sie sich ansiedeln und dort vermehrten sie sich rasch. Auf ihrem Gebiet gab es auch deutsche Schulen, in denen die Muttersprache gesprochen wurde.

„Die erste Wende erlitten die deutschen Siedler im Jahre 1871, wo soeben das Deutsche Reich gegründet wurde“, sagt Otto Engel und erläutert dem Publikum, dass die Privilegien der Deutschen nun abgeschafft wurden.

Das war’s mit der Selbstverwaltung, der deutschen Schulen und der Freiheit vor der Wehrpflicht. Während des ersten Weltkrieges herrschte eine antideutsche Stimmung in dem Land, das den neuen „inneren Feind“ einst voller Hoffnung rekrutiert hatte.