Mitglieder jener Kirche, deren wichtigstes Wort – neben den Namen „Jesus“ und „Maria“ – der Begriff „Liebe“ ist, betrachten sich untereinander in diesen Tagen im Norden voll Argwohn, ja fast hasserfüllt.
Der in der unnachahmlichen Rhetorik der katholischen Kirchenverwaltung als „verbindlicher Vorschlag“ bezeichnete Beschluss, ab 2015 sechs oder sieben von neun Kirchen zwischen Fahrn und Neumühl zu schließen, bringt die Gläubigen immer stärker gegeneinander auf.
Weil sie vom Bistum zu Gewinnern und Verlierern eines Spar-Prozesses gestempelt wurden, den sie selbst nicht zu verantworten, aber sehr wohl zu erdulden haben.
Die Rollen in der sakralen Inszenierung sind so klar verteilt, wie bei einem unterdurchschnittlich anspruchsvollen Schenkelklopf-Stück des Millowitsch-Theaters: Als Verlierer, dem die Sympathien zufliegen, fungieren die Gemeindemitglieder in St.Norbert und St.Barbara. Die unpopulären „Neureichen“, sind diejenigen Neumühler Katholiken, die sich für den Erhalt der Herz-Jesu-Kirche eingesetzt haben und (vermeintlich) belohnt wurden. Im Fokus der Kritik: Neben Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck, einem Marler Bauernsohn, dem schon vor Amtsantritt nachgesagt wurde, dass er mit dem niederrheinischen Teil des Reviers rein garnichts anfangen könne, stehen auch die Abtei-Brüder in der Kritik.
Aufgeregte Anrufe, Redaktionsbesuche und Zuschriften haben in den vergangenen 10 Tagen ein finsteres Stimmungsbild gezeichnet: „Durchtrieben“, nennt da ein Katholik den anderen, „abgezockt“, „eiskalt“, „berechnend“ und „machtgierig“ sind andere Adjektive, mit denen sich die zuvor beschriebenen Interessengruppen derzeit betiteln. Das Gute: Noch ist die Lage nicht eskaliert, noch sind öffentlich keine schweren Worte gefallen, die dann nur langsam verhallen würden.
Ein Ausweg? Wurde von den engagierten, jungen Christen von St. Barbara am Freitag angesprochen: Die katholische Basis im Norden muss sich vernetzen, gemeinsame Interessen artikulieren, um sich nicht weiter gegeneinander ausspielen zu lassen.