Duisburg-Hamborn. . „Kraft mal Weg durch Zeit“: Die Definition des Leistungsbegriffs steht wunderbar verständlich zur Verfügung, wenn es darum geht, neoliberale Leistungslügen unserer Zeit als Gefasel zu entlarven.
Blond, jung, enorm selbstbewusst – fast arrogant – und leidlich attraktiv war sie, die FDP-Lokalpolitikerin vom Niederrhein, mit der sich kürzlich im Bus die Gelegenheit zum Streitgespräch ergab.
Zwischen Moers und Ruhrort erwähnte sie dutzendmal das Wort „Leistung“ in allen möglichen Facetten: Leistungsträger, leistungsbereit, Leistungsbilanz: „In der Gesellschaft gehören die gefördert“, sagte sie ernst zog die Brauen hoch, „die eben am meisten Leistung generieren.“
Stottern nach meiner Zwischenfrage: „Definieren sie Leistung doch mal.“
„Wie, Leistung definieren? Leistung halt“, sagte sie grimmig.
„Kommen sie, zehnte Klasse Physik! Da braucht man doch keinen Doktortitel dafür“, sagte ich lachend, „schon garnicht in d e r Leistungspartei schlechthin, oder?“
Nee, sagte die Liberale, das sei ihr zu frech und außerdem sei sie in Eile. Und weg war sie.
Dann hier nochmal zum mitschreiben: Leistung ist eingesetzte Kraft, multipliziert mit dem zurückgelegten Weg – sprich Arbeit – geteilt durch die benötigte Zeit.
Diese Definition des Leistungsbegriffs hat nichts dehnbares, nichts relatives und steht wunderbar verständlich zur Verfügung, wenn es darum geht, neoliberale Leistungslügen unserer Zeit als Gefasel zu entlarven. Denn die eigentlichen Leistungsträger der Gesellschaft sind – gemessen an der Formel – Leiharbeiter wie der Walsumer Heinrich K., über den wir berichtet haben, alleinerziehende Mütter oder berufstätige Mütter allgemein. Menschen, die nicht einen, sondern zwei oder drei Berufe haben, um genug Geld für ein menschenwürdiges Leben zu haben. Da kann man mathematisch exakt ermitteln, dass deren Tagesleistung um ein vielfaches die der meisten Manager übertrifft.
Menschen wie Heinrich K., über den wir berichtet haben, bringen bereits ihr ganzes Leben Leistung, sind leistungsbereit bis ins hohe Alter. Allein, es wird ihnen keine faire Chance gegeben. Heinrich K. ist 60 Jahre alt, ein Experte für Drehtechnik -- man stelle sich vorr, was jüngere Kollegen von ihm lernen könnten, welche Kniffe und Feinheiten – das wäre Qualitätssicherung, das würde die Leistunsfähigkeit junger Kollegen positiv beeinflussen. Stattdessen wird Heinrich K. als Leiharbeiter wie ein dreckiger Lappen zwischen Betrieben in Oberhausen und Ratingen hin und hergeschleift und schließlich fadenscheinig rausgeschmissen. Mach doch endlich mal einer den Neoliberalen klar, dass Solidarität und sozailes Verhalten die wichtigsten Standortfaktoren sind.