Duisburg-Hamborn. . „So geht Allergie“, sagt Dr. Peter Seiffert (53), der mit seinen Kolleginnen und Kollegen in der Kinderklinik des Katholischen Klinikums jedes Jahr rund 16 000 Patienten behandelt: „Stellen sie sich vor, das Immunsystem ist die Polizei. Und die sucht den falschen Verdächtigen.“

Es läuft ab wie in einem dieser Krimis. Diese extra spannenden, wo der nette, sympathische Hauptdarsteller von hunderten Polizisten steckbrieflich gesucht wird, obwohl er total harmlos, lieb und unschuldig ist.

„So geht Allergie“, sagt Dr. Peter Seiffert (53), der mit seinen Kolleginnen und Kollegen in der Kinderklinik des Katholischen Klinikums jedes Jahr rund 16 000 Patienten behandelt: „Stellen sie sich vor, das Immunsystem ist die Polizei. Und die sucht den falschen Verdächtigen“, sagt der Arzt, der beim Pressegespräch im Hamborner St.-Johannes-Hospital gar nicht versucht, seine Begeisterung für das Thema, für seine Profession, zu verbergen: „Denn diese Pollen, meinetwegen Birkenpollen, gegen die das Immunsystem da ankämpft, die sind total harmlos.“ Dies, sagt Seiffert weiter, sei leider dem Immunsystem nicht klar: „Nicht die Birke hat Schuld, sondern unser fehl gesteuertes, falsch gefordertes Immunsystem.“

Da könne aber Abhilfe geschaffen werden, und dies sei die gute Meldung: „Klasse ist: Der Fehler kann dem Immunsystem klargemacht werden. Durch Hyposensibilisierung.“ Allerdings, sagt der Arzt, seien Patienten, denen bei dieser Therapie durch regelmäßige Injektionen der allergieauslösenden Stoffe „die Allergie abgewöhnt wird“, bereits in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit: „Das wollen wir verhindern“, sagt der sympathische Kinderarzt, „unser Ziel ist die Früherkennung.“

Denn diejenigen Allergiker, die erst im fortgeschrittenen Lebensalter die Symptome erkannt haben, sagt Dr. Seiffert, seien trotzdem schon als Kleinkind Allergiker gewesen – auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen: „Die Allergie ist ein Marsch, der immer weiter und weiter geht.“ Oft beginne die Krankheit im Kindesalter als Neurodermitis, dann würden „klassische“ Allergiebeschwerden wie Husten, Schnupfen, Schleim- und Bindehautreizungen hinzu kommen. Und schließlich Asthma: „Ja, diese Krankheitsbilder hängen tatsächlich zusammen. Der Heuschnupfen und Asthma sind Geschwister, der kleine Bruder ist die Neurodermitis.“

Auch, wenn sich jahrelang der medizinische Irrglaube gehalten habe, dass Allergien bei manchen Allergikern im Kindesalter kommen, bei anderen erst im Erwachsenenalter, um dann wieder zu verschwinden – die Realität, sagt Seiffert, sei eine andere: „Allergiker sind ihr ganzes leben lang schon Allergiker gewesen. Vielleicht ist es ihnen nur nicht aufgefallen.“

Es sei doch kurios, sagt der Arzt, dass viele Eltern glaubten, ihr Kind sei erkältet, wenn es im Frühjahr schniefend und hustend durch die Wohnung keuche: „Bei einer Erkältung hat das Kind Fieber. Punkt.“ Oder der im Ruhrgebiet weit verbreitete Ausspruch „’vonne Omma“, wie Seiffert lachend sagt: „Dat Kleine hat et anne Bronchien!“ Wenn ein Kind nach Klimawechseln von warmer auf kalte Umgebungsluft, oder umgekehrt, heftig husten müsse und dies fortgesetzt geschehe, dann sei da natürlich etwas in den Bronchien: Asthma. Und der ganze Rattenschwanz, der dran hänge, am langen Marsch durch die Allergie.

Damit der Marsch so schnell wie möglich gestoppt werden kann, mahnt Seiffert: „Früherkennung ist wichtig. Wenn sie glauben, ihr Kind ist allergisch, gehen sie zum Arzt!“

Allergie-Missverständnisse:

„Impfen erhöht das Risiko für Allergien“

Stimmt nicht. Es gibt im Gegenteil Hinweise aus Studien, dass Impfen sogar das Risiko senken könnte.

„Allergie-Medikamente machen schlapp“

Die modernen Allergie-Arzneimittel (Antihistaminika) machen nicht mehr müde. Der Heuschnupfen selbst macht oft müde und schlapp.

„Nur rezeptpflichtige
Medikamente helfen“

Stimmt nicht. Bei leichten Allergien helfen bereits rezeptfreie Präparate aus der Apotheke. Augentropfen, Nasensprays oder Wirkstoffe wie Cetirizin und Loratadin.

„Pollen fliegen nur im Frühling und im Sommer“

Falsch. Pollenflug ist temparaturabhängig. Pollen können eigentlich immer fliegen.

„Wenn ich regelmäßig Imkerhonig aus der Region konsumiere, werde ich immun gegen Allergien“

Leider nein. Imkerhonig aus der Region ist fein, hilft aber nicht bei Heuschnupfen.

„Die Pollen werden immer aggressiver!“

Falsch. Pollen sind total harmlos, weder giftig noch aggressiv. Die Fehl-Reaktion des Immunsystems löst die Symptome aus.