„Hallo, mein Name ist Jana und das ist mein Reisebüro. Möchtest du einen Tee?“ So wurden am Samstag die Besucher des Marxloher Medienbunkers am Johannismarkt begrüßt.

Das Rollenspiel gehörte zur Veranstaltung „Open Marxloh“.

Das Bunkerteam bot Interessierten extravagante Stadtteilführungen an, die alle unter einem anderen Motto standen: „Verliebt, verlobt, verheiratet“, „Wohnkult-Tour“, „Brachland-Expedition“ oder „Mutter Marxloh und ihre Töchter“. Reiseführer waren Marxloher oder Personen, die sich mit dem Stadtteil verbunden fühlen, wie die Marxloherin Asli Sevindim, in Marxloh geborene Fernsehmoderatorin, Journalistin und Geschäftsführerin von Ruhr2010, von Pleitgen auch schon mal „mein Boss“ genannt.

„Wir kämpfen um das Image von Marxloh“, sagte Mustafa Tazeoglu vom Medienbunker. „Das ist allerdings auch ein Kampf um das Image des Türken.“ Denn die Verdienste der Marxloher Türken und der Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund würden nicht hinreichend gewürdigt, sondern negativ bewertet. „Hätten auf der Weseler Straße Franzosen über 50 Brautmodengeschäfte eröffnet und würden in Marxloh Pariser Mode verkaufen, dies würde von allen gefeiert. Aber unsere Mode kommt aus Istanbul.“

Die Führungen gehören zum Projekt „Melez 2010 - Festival der Kulturen“, sie sind der Auftakt zu einer Veranstaltungsreihe im Rahmen von Ruhr.2010. Melez, das ist ein türkisches Wort mit arabischen Wurzeln und bedeutet Mischung. Die Reihe will die kulturelle Vielfalt im Ruhrgebiet aufzeigen und feiern.

Die Hauptaktration des Projekts ist der Melez-Zug, eine umgebaute S-Bahn, die bis zum 31. Oktober durch das Ruhrgebiet reist und viele interessante Begegnungen ermöglichen will. „Der Auftakt in Marxloh ist für uns ein symbolischer Aufschlag“, sagt Projektleiterin Susanne Puschberger. „Er kriegt durch die aktuelle Integrationsdebatte eine besondere Brisanz.“ Melez möchte „Städte, Kulturen und Generationen verbinden“, der Zug sei als Symbol für Bewegung und Verbindungen, aber auch für Migration zu sehen. Und das migrationsbedingte Miteinander der Kulturen werde in Marxloh besonders deutlich.

Davon konnte sich auch Fritz Pleitgen, Geschäftsführer der Ruhr. 2010, bei einer spontanen Stadtführung überzeugen. Begleitet von einer Band, deren Musik an den Jazz von New Orleans erinnerte, ging es über die Weseler Straße zur Merkez-Moschee. „Marxloh setzt die meisten Zeichen im Duisburger Norden, hat das größte Potential“, sagte Reiseführer Walter Ziegler von der Wohnungsgesellschaft Immeo. „Marxloh kann und wird der Nordstadtteil mit dem meisten Drive sein, ein Pendant zur neuen Mitte in Oberhausen“, prognostiziert er mit Blick auf das Brachland an der Warbruckstraße. Hier könne eine Piazza mit Wohn- und Gewerbefläche entstehen.

Rotterdamer Künstler:
kreativ in Marxloh

Endstation der Führung war die Wiesenstraße. Hier unterhält das Projekt „Een Maand Marxloh“ (ein Monat Marxloh) eine Wohnung für Rotterdamer Künstler wie Arnoud Schuurman, der inzwischen etwa ein halbes Jahr hier lebt und an einer Ausstellung arbeitet. Vom Küchenfenster aus blickt auf Hochöfen und die Schwelgernanlage. „Marxloh ist ein interessanter Ort inmitten der Industrie“, sagt Projektleiterin Kim Zieschang. „Es ist ein beeindruckendes Schauspiel, wenn abends die Flammen und Lichter am Hochofen zu sehen sind.“ Allerdings lebe man auch mit dem Staub und Geruch. Doch gerade das Ursprüngliche, Ungeschminkte des Stadtteils, in dem die Industriegeschichte überall abgelesen werden könne, setze bei den niederländischen Künstlern viel Kreativität frei.

Fritz Pleitgen gab sich beeindruckt. Ihm tat es jedoch leid, dass er nicht bis zum Ende von Open Marxloh bleiben konnte. „Das Döner-Festival heute Abend, das wäre meine stärkste Stunde gewesen“, sagte er und lachte. Nicht nur seine. Denn das ganze hieß Oktoberfest und dabei gab es nicht nur Döner sondern auch Leberkäs.