In dem Moment, als der Vorhang aufging, gab es für die Zuschauer direkt die erste Überraschung: Waldarbeiter in Arbeitskluft standen auf der Bühne. In ihren Händen hatten sie – wie sollte es anders sein – Schippen, Harken oder Besen. Stand denn nicht eigentlich Shakespeare auf dem Programm?
Ein bisschen Verwirrung machte sich breit, aber auch Neugier. Die Besucher des Kiebitz an der Marienstraße in Marxloh, die dachten, sie seien in der falschen Vorstellung, lagen jedoch daneben. Alles ging mit rechten Dingen zu. Natürlich stand Shakespeare auf dem Programm, aber der Rest des Titels ließ eine wenig originalgetreue Darstellung des klassischen Stoffs vermuten: „Shakespeare zwischen Laubbesen und Leberwurstbrot“.
Dieser verrückte Titel ist schnell erklärt: Die Mitglieder der integrativen Theatergruppe des internationalen Jugend- und Kulturzentrums Kiebitz spielen Waldarbeiter, die in ihren Brotpausen Szenen aus „Hamlet“ und „Romeo und Julia“ nachahmen. Das hört sich nicht nur lustig an, sondern war auch lustig anzuschauen.
Wenn Hamlet mit seinen Widersachern kämpfte, hatte er nämlich kein Schwert, sondern eine Schippe in der Hand. Auch was die Texte der Darsteller anging, war die typische Shakespeare-Sprache nicht wiederzuerkennen: „Hast du meinen Vadda getötet“, fragt der aufgebrachte Hamlet seinen Widersacher Claudius. Und Romeo, der seine Julia im Arm hielt und forttragen wollte, schrie jemandem, der ihm im Weg stand, zu: „Zisch ab da.“
Die rund 150 Gäste kamen aus dem Lachen nicht mehr heraus – ob sie nun Shakespeares Originaltexte kannten oder nicht.
Die Darsteller hatten ebenfalls sichtlich Spaß am Spielen. Die Akteure mit und ohne Behinderung gingen in ihren Rollen auf und spielten nach positiven Reaktionen des Publikums noch intensiver. Doch auch sie konnten oft ein Schmunzeln nicht verbergen – was zu zwischenzeitigem Applaus und noch mehr Lachern führte.
Je länger das Stück dauerte, desto besser wurden die Nachwuchs-Mimen. Sie rannten in ihren Arbeitskluften über die Bühne, schrien, weinten und kämpften. Eben so, als würde man sich streng an die Vorlage halten.
Da das aber nicht so war, wurden die Toten nicht mit Gesängen beklagt, sondern mit fetten Rap-Songs.