Der Zweite Weltkrieg endete vor 65 Jahren und auch der Kalte Krieg ist Geschichte - seit der Wiedervereinigung Deutschlands vor 20 Jahren.
Die Kriegsgreuel des 20. Jahrhunderts indes sind nicht vergessen, aber eine Welt ohne militärische Konflikte und Rüstungskonzerne ist eine Utopie.
An die Lehren aus der Geschichte Europas erinnert der Verein „Bike for Peace and New Energies“. Gefordert wird ein Umdenken, denn die Menschen bräuchten eine Politik, die Krieg als Mittel der Politik ausschließe. Die Rückkehr zum Prinzip „Nie wieder Krieg!“.
Um aufzuzeigen, dass der Friedenswille in der Bevölkerung Europas verwurzelt und dass kultureller Austausch ein wichtiger Bestandteil jeder Friedensbemühungen ist, organisiert der Verein eine Friedensradfahrt von Paris nach Moskau. Diese findet bereits das fünfte Mal statt und führt dieses Jahr auch durch das Ruhrgebiet, die europäische Kulturhauptstadt 2010.
In Moskau angekommen, werden hunderte Menschen aus allen Generationen und etwa 15 Nationen an der Radfahrt teilgenommen haben.
Die Reise führt auch durch Duisburg. Zum Steinkohlekraftwerk in Walsum an die Dr.-Wilhelm-Roelen-Straße etwa führt der Weg. Hier werden die Friedensradler, die gerade von der Marxloher Merkez-Moschee kommen, bereits von Kraftwerksgegnern erwartet, die seit 2006 Mahnwache halten, um unter anderem gegen die Feinstaubbelastung zu demonstrieren. Damit passt auch dieser Zwischenstopp zur politischen Agenda, denn der Verein sieht in der „billigen Aneignung von Rohstoffen und Energien“ einen Grund für „zahlreiche Kriege“, wie ein Flugblatt informiert.
Der Spaß steht bei der Fahrradtour für die Teilnehmer zwar im Vordergrund, doch größtenteils sympathisieren sie mit den politischen Botschaften, so trägt beispielsweise Klaus Müller ein T-Shirt mit dem Origami-Kranich, dem Symbol gegen Atombomben.
Nach Walsum ist heute allerdings nur eine kleine Schar geradelt, es fehlen die Reisenden aus Russland und Weißrussland, die seit Paris dabei sind und schon mehr als 900 Kilometer zurückgelegt haben. Sie erkunden Duisburg heute zu Fuß, denn es ist „Badetag“.
Der einzige aus der kleinen Gruppe am Kraftwerk, der bereits seit Beginn dabei ist, ist „der Rolf aus Württemberg“. „Ich kann in meinem Alter nicht mehr alleine Urlaub machen“, hatte er seiner Frau scherzhaft kurz vor der Rente gesagt. Sie nahm ihn absichtlich ernst und schenkte ihm diese „Abenteuerreise“, weil er „sonst bestimmt nie nach Osteuropa“ gekommen wäre. Anders als seine Reisekameraden hat Rolf keine Kontakte zu Friedensbewegungen oder Umweltgruppen, nahm nie an einem Ostermarsch oder einer Friedensdemonstration teil. In den sechziger Jahren war er bei der Bundeswehr und hat „die Ostflanke der NATO verteidigt“. Auf die Radtour aufmerksam wurde er durch den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Anfangs bedurfte es „sachlicher Toleranz“ für die Ansichten in seiner Reisegruppe, inzwischen findet er die politische Botschaft seiner Mitstreiter aber gut. Besonders beeindruckt ist er allerdings von dem Empfang, den die Menschen der Reisegruppe bereiten, manchmal sei die Begrüßung nahezu euphorisch. Er freut sich schon auf die Stationen in Polen, Weißrussland und Russland, denn Osteuropa soll der Höhepunkt der Friedensradfahrt sein.
Duisburgs Bürgermeister Erkan Kocalar (Linke) hatte die gesamte Gruppe am Vorabend „sehr freundlich“ empfangen, sagt Herbert Fürmann, hiesiger Mitorganisator der Tour. Die Gäste hatten sich die Innenstadt am Wochenende allerdings lebhafter vorgestellt.
Teilnehmer Gerhard Dimter findet „das Ruhrgebiet sehr vielfältig“ und ist begeistert von den Rheinauen. Für ihn und die anderen ist außerdem das Still-Leben auf der A40 ein Pflichttermin.
Mehr als 3000 Kilometer müssen die „Biker for Peace“ noch zurücklegen, bis sie Ende August in Moskau ankommen. Für die Teilnehmer ist die Friedensfahrt 2010 ein „großartiges Erlebnis“, selbst wenn manche sich nur ein oder zwei Tage mit dem Drahtesel anschließen können.