Die Förderung der sozialen Kompetenz ihrer Schüler hat sich jetzt die Fridtjof-Nansen-Schule in Walsum auf ihre Fahnen geschrieben. Im Laufe der sechs Schuljahre kann die Realschule insgesamt 14 Wochenstunden je nach dem Förderbedarf eines Jahrgangs ausrichten.
In diesem Jahr sind dort erstmals für die beiden neunten Schuljahre zwei Wochenstunden „Sozialkompetenz” vorgesehen. Jeder Schüler muss insgesamt mindestens 60 Stunden ehrenamtliche Betätigung nachweisen. Das Deutsche Rote Kreuz erstellt ihnen darüber am Ende ein Zertifikat aus.
„Wir wollen den Boden für die künftige ehrenamtliche Tätigkeit bereiten, wollen Anreize bieten, das Ehrenamt kennenzulernen”, sagt Schulleiterin Christel Kischkewitz, die vor drei Jahren die Leitung der Schule übernahm. In einer Zeit, in der persönlicher Erfolg und größtmöglicher Verdienst hohen Wert haben, will die Schule einen anderen Akzent setzen: „Ohne ehrenamtliche Helfer wäre unsere Gesellschaft am Ende!”, betont Kischkewitz. Leider fehle es dabei auch an Vorbildern.
Die Schulleiterin holte sich zwei (ehrenamtliche) Mitarbeiterinnen ins Boot, die die Betreuung des Projekts übernahmen: Erika Tepel aus Dinslaken ist selbst pensionierte Lehrerin. Und Waltraud Laufer aus Walsum engagiert sich seit Jahrzehnten ehrenamtlich in der Evangelischen Kirche.
Beide halfen vor allem bei den Schülern nach, die sich mit der Suche nach einer ehrenamtlichen Betätigung schwer taten. „Das war bei etwa 20 % der Jugendlichen der Fall”, so Waltraud Laufer. „Ich habe da ein bißchen Druck gemacht”, berichtet sie. Schließlich kämen die Fehlstunden ins Zeugnis. Und das sei schlecht für Bewerbungen.
In den ersten drei Monaten nach Beginn des Schuljahres im letzten Spätsommer sei sie jede Woche eine Stunde an der Schule gewesen, um für die neunten Klassen ansprechbar zu sein. Und dabei wurden nicht nur Probleme gewälzt. „Es kamen auch Schüler, die ihre Erfolgserlebnisse erzählen wollen”, so Laufer.
Von solchen Erfolgserlebnissen konnten jetzt Nick Rankel (15) und Julien Valenta (14) berichten. „Ich hab' meinen Traumjob gefunden”, sagt Nick. Er will unbedingt Altenpfleger werden. „Ich bin zum Awo-Seniorenheim an der Rudolfstraße gegangen und hab' mich dort beworben”, erzählt er. Seitdem hält er sich dienstags von 16 Uhr bis 18 Uhr auf der dortigen Etage mit den Demenzkranken auf, außerdem samstags nach dem Mittagessen. Dafür ist auch sein Stundenplan in der Schule um zwei Stunden gekürzt.
Nick unterhält sich mit den alten Menschen, hört ihnen zu. Und er spielt mit ihnen. „Ich werfe ihnen Bälle zu”, sagt er. Das diene der körperlichen Betätigung. Manchmal ist er auch behilflich, einen der Heimbewohner zu Bett zu bringen. Und dabei hat er gelernt, wie man mit Demenzkranken umgeht: „Unbedingt Blickkontakt halten. Sie langsam ansprechen und keine ,oder-Fragen' stellen”, berichtet er. Außerdem sollte die Vergangenheit nicht angesprochen werden, weil Demenzkranke dabei für sie schmerzliche Erinnerungslücken hätten. Zwar war es mit dem Projekt nicht beabsichtigt, trifft sich aber gut: Nick will mit seinen Eltern an der Rudolfstraße vorsprechen, ob er dort nicht nach der Schule eine Ausbildung machen kann.
Julien ist schon seit vier Jahren bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), die sich Dienstag nachmittags im Allwetterbad trifft. Ein Freund nahm ihn dorthin mit. „Da hab' ich einfach gefragt, ob ich nicht mit einem Mädchen zusammen die ,Seepferdchen' trainieren kann”, erzählt er. Seitdem begleitet er jeden Dienstag die siebenjährigen Kinder bei ihren Schwimmversuchen. Beruflich will er sich aber anders orientieren, will Chemielaborant werden.