Duisburg-Mittelmeiderich. Ein Notfall in unmittelbarer Nähe zum Duisburger Herzzentrum hat für Irritationen bei Ersthelfern gesorgt. Das sagt die Klinik zu dem Geschehen.

Ein Vorfall vor dem Herzzentrum hat für Irritationen bei Juris Kampernaus gesorgt. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause ist ihm an der Gerrickstraße in Mittelmeiderich eine Frau aufgefallen, die sich über einen am Boden liegenden Mann beugt. Er hält an, um zu helfen. „Es hat sich um einen älteren Herrn gehandelt, der mit dem Gesicht im Dreck lag. Es war an dem Tag sehr heiß. Der Mann hatte offenbar Kreislaufprobleme und das Gleichgewicht verloren“, berichtet Kampernaus.

Schnell finden sich weitere Helfer. Eine Helferin sei ins nahe Herzzentrum gerannt, um professionelle Hilfe zu holen. „Sie kam sichtlich geschockt zu uns zurück und teilte uns mit, man habe ihr gesagt, sie solle den Notarzt rufen.“ Kampernaus kann es nicht fassen: Eine Klinik voller Ärzte und Krankenschwestern und keiner kommt.

Vorfall vor dem Herzzentrum Duisburg sorgt bei Ersthelfern für viel Aufregung

„Kurz darauf erschien eine Krankenhausangestellte auf einem Balkon der Herzklinik und fragte, was denn los sei. Wir schilderten, was passiert ist und verwiesen darauf, dass die Person eine Kanüle im Arm hat und davon auszugehen ist, dass es sich um einen Patienten der Herzklinik handelt“, berichtet Kampernaus weiter. Zu dem Zeitpunkt hatten die Helfer den Mann schon in die stabile Seitenlage gelegt: „Er war ansprechbar, aber ein bisschen neben der Spur.“

Plötzlich sei dann doch Bewegung in die Sache gekommen. „Jemand aus der Klinik ist mit einem Rollstuhl aufgetaucht und hat ihn mitgenommen.“ Dieser Vorfall hätte ihn das ganze Wochenende danach noch beschäftigt, berichtet der Ersthelfer. Kliniksprecher Stefan Wlach verweist darauf, dass der Mitarbeiter an der Pforte des Herzzentrums richtig gehandelt habe.

Ärzte dürfen einen Notfall-Patienten nicht einfach in ihre Klinik bringen

„Auch wenn es sich widersinnig anhören mag: Bei einem solchen Vorfall auf öffentlichem Terrain direkt vor einem Krankenhaus dürfen die Mitarbeiter nicht ohne weiteres tätig werden. Die rechtlich korrekte Vorgehensweise ist es, den Notruf zu wählen und auf das Eintreffen des Rettungsdienstes zu warten, damit der Notarzt die Situation beurteilen und über die weiteren erforderlichen Schritte (zum Beispiel die Fahrt in eine Notaufnahme) entscheiden kann“, erklärt der Pressesprecher.

„Kann ja sein, dass es rechtlich so richtig ist“, entgegnet Juris Kampernaus, „aber es ist für mich ein Rätsel. Jede Krankenschwester kann doch besser Erste Hilfe leisten als jemand, der mal vor vielen Jahren einen Kurs für den Führerschein besucht hat.“

Chefarzt Professor Dr. Wolfgang Schöls hat eine Erklärung für diese Regelung: „Es geht darum, dass ein Notarzt entscheiden muss, was zu tun ist. Wenn wir als Herzexperten zum Beispiel jemanden hochheben würden und derjenige hätte Verletzungen am Rücken, könnten wir ihm schaden. Im schlimmsten Fall kann es dadurch zu einer Querschnittslähmung kommen.“

Professor Dr. Wolfgang Schöls erklärt, warum es im Prinzip richtig ist, dass ein Notfallmediziner die Entscheidung trifft, was mit einem Notfall-Patienten passiert.
Professor Dr. Wolfgang Schöls erklärt, warum es im Prinzip richtig ist, dass ein Notfallmediziner die Entscheidung trifft, was mit einem Notfall-Patienten passiert. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

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Aber natürlich dürfe und würde jeder Arzt Erste Hilfe leisten. „Das ist in dem Fall auch passiert. Die Mitarbeiterin auf dem Balkon war unsere leitende Oberärztin, die sofort einen Kollegen zu dem Mann geschickt hat. Dieser Arzt hat sich mit einem Pfleger um ihn gekümmert und ihn in die Klinik gebracht.“ Auch der Pförtner hätte sofort die Notaufnahme des Herzzentrums informiert und somit menschlich wie fachlich richtig gehandelt, ergänzt Sprecher Wlach.

Viel Aufregung bei allen Beteiligten also. Aber wie geht des dem Patienten? „Er hatte eine Platzwunde am Kopf und Kreislaufprobleme. Zum Glück nichts Schlimmes“, erklärt der Chefarzt. Der Senior sei in größter Mittagshitze anderthalb Stunden über den Friedhof gelaufen und dann an der Gerrickstraße zusammengeklappt. „Wir weisen unsere Patienten immer darauf hin, dass sie das Klinikgelände nicht verlassen sollen. Dieser Patient hat es trotzdem gemacht“, sagt Stefan Wlach. Der alte Herr hatte Glück im Unglück: Viele Helfer haben sich um ihn gekümmert, und er ist mehr oder weniger mit dem Schreck davongekommen.