Duisburg-Aldenrade. Youssef Gharib betreibt seit 18 Jahren in Duisburg-Aldenrade die Pizzeria „La Luna’s“. Jetzt hat ihm plötzlich die LEG gekündigt. Wegen Netto?

Manchmal reicht ein Augenblick und das komplette Leben wird aus den Angeln gehoben. Bei Pizzeria-Inhaber Youssef Gharib ist es der überraschende Besuch einer Mitarbeiterin der LEG, die erst von einem Routinebesuch spricht und ihm dann verkündet, dass er die Kündigung bekommen wird. Für das Ladenlokal an der Dr.-Wilhelm-Roelen-Straße, in dem er seit 18 Jahren seine Pizzeria „La Luna’s“ betreibt.

„Sie sagte das so ganz nebenbei. Ich bin aus allen Wolken gefallen. Die LEG macht damit meine ganze Existenz kaputt“, sagt der 53-Jährige und seine Verzweiflung ist ihm deutlich anzumerken. „So eine schlechte Nachricht habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört.“

Pizzeria „La Luna’s“ in Aldenrade: Überraschende Kündigung nach 18 Jahren

Die Pizzeria läuft gut. So gut, dass er sie erst vor vier Monaten für 10.000 Euro renoviert hat. Und sich und seiner Familie ein Haus gekauft hat – ein langgehegter Traum, den sich Youssef Gharib endlich erfüllt hat. Jetzt sieht er nur noch die Schulden und es treibt ihn die Frage um, wie er das Auskommen seiner Familie sichern soll. „Sie haben mir die Freude an meinem neuen Haus genommen.“

Für Youssef Gharib ist völlig klar, was hinter der Kündigung steckt. „Vor einem Jahr kam das Gerücht auf, dass der benachbarte Netto-Markt sich vergrößern will. Aber das habe ich nie ernst genommen.“ Doch nach Gesprächen mit Netto-Mitarbeitern und einer Äußerung der LEG-Mitarbeiter sei er sich sicher, dass ein Ausbau von Netto der Grund ist.

Will Discounter Netto sich an der Dr.-Wilhelm-Roelen-Straße vergrößern?

Die Netto-Pressestelle bestätigt lediglich, dass für die Filiale in Aldenrade ab Frühjahr 2024 ein Umbau geplant sei. Von einer Vergrößerung ist keine Rede. „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir aufgrund des frühen Planungsstatus keine weiteren Informationen zu möglichen Aktivitäten an diesem Standort kommunizieren können“, sagt Christina Stylianou, Leiterin Unternehmenskommunikation von Netto Marken-Discount.

Ähnlich wortkarg die LEG: Mischa Lenz, Pressesprecher der LEG-Immobiliengruppe, bestätigt, dass man einen Ausbau der Flächen plane. „Mehr kann ich aus vertraglichen Gründen leider aktuell noch nicht dazu sagen.“

Auch einem Nachbarn der Pizzeria ist offenbar eine Kündigung ins Haus geflattert, der sich dazu aber nicht äußern möchte. Der beliebte Burgerladen „Burger Nerds“, der sich ebenfalls in dem Gebäudekomplex befindet, ist laut LEG nicht betroffen. Sie räumt aber die Kündigung von zwei Ladenlokalen ein. Diese sei jeweils vertragsgemäß und nicht außerordentlich.

Pizzeria-Betreiber sucht nach einem neuen Ladenlokal in Aldenrade

„Ja“, sagt Youssef Gharib, „rein rechtlich scheint die Kündigung in Ordnung zu sein.“ Trotzdem hat er sich einen Anwalt genommen. Dem Pizzeria-Betreiber geht es um mehr Menschlichkeit. „Ich habe einen Jahresvertrag, der sich seit 18 Jahren ohne Probleme verlängert. Die Kündigungsfrist ist sechs Monate. Kann man nach einer so langen Mietdauer nicht ein Jahr vorher Bescheid sagen?“

Er sucht jetzt händeringend nach einem neuen Ladenlokal in der Nähe. Die LEG hat ihm Unterstützung zugesagt und auch schon zwei Räumlichkeiten vorgeschlagen. „Aber bisher ist das nur Gerede. Da habe ich nichts von. Ich will das schwarz auf weiß.“ Außerdem sei das Vertrauen in die LEG kaputt. „Ich würde lieber bei einem anderen Vermieter mieten.“

Sollte sich der Discounter Netto tatsächlich vergrößern wollen, bietet die Pizzeria die nötige Fläche dafür.
Sollte sich der Discounter Netto tatsächlich vergrößern wollen, bietet die Pizzeria die nötige Fläche dafür. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Egal, was kommt, er müsse am neuen Standort wieder bei null anfangen. „Der Umzug und die Renovierung des Ladens werden mich viel Geld kosten“, sagt der Familienvater. Bei einem der beiden von der LEG vorgeschlagenen Immobilien würden allein für die Abzugshaube 20.000 Euro fällig werden, berichtet er. Immerhin hat der 53-jährige Libanese, der inzwischen schon seit über 30 Jahren in Deutschland lebt, viele Stammkunden. Er ist sich sicher, dass sie ihm auch im Falle eines Umzugs treu bleiben.

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Hoffnungen in die LEG setzt er nicht mehr: „Ich kenne die LEG. In all den Jahren habe ich niemanden von denen gesehen. Erst bei der Kündigung.“ Er wünscht sich nur noch, dass die LEG ein wenig Herz zeige. Warum biete man ihm nicht zumindest an, die jüngsten Renovierungskosten zu erstatten?

„Von dem Geld habe ich unter anderem das Flachdach erneuert. Das war eigentlich nicht meine Aufgabe. Aber ich wusste ja aus Erfahrung, wie lange ich auf Reparaturen warten muss.“ Aber auch da wird sich nichts tun, da ist sich Youssef Gharib sicher.

Seit der Kündigung steht der Pizzeria-Betreiber unter Dauer-Strom. Eigentlich sollte es jetzt in den Urlaub in den Libanon gehen. „Aber wie soll ich in einer solchen Situation Ferien machen?“, sagt er. Also fliegen seine Frau und die drei Söhne im Alter von 13, zehn und einem Jahr alleine ohne ihn. Youssef Gharib bleibt in Duisburg und sucht fieberhaft nach einem neuen Standort für sein „La Luna’s“.