Duisburg. In Röttgersbach wird ein Gesundheitszentrum gebaut. Weil Autofahrer die Verkehrsregelung missachten, fürchten Anwohner um das Wohl ihrer Kinder.

Das Gesundheitszentrum Vitalum entsteht auch deshalb an der Holtener und Kaiser-Friedrich-Straße, weil es dort optimal an den Verkehr angebunden ist. In Röttgersbach sollen ab 2023 medizinische Dienstleistungen sowie Wellness-Angebote unter einem Dach nutzbar sein. Doch bis dahin müssen Anwohnerinnen und Anwohner Einschränkungen in Kauf nehmen, die für sie nicht nur mühsam sind, sondern auch ihr Sicherheitsgefühl massiv beeinträchtigen. Grund sind Auto- und Lkw-Fahrer, die Sackgassen- und Umleitungsschilder missachten.

Kurz vor dem Kreisverkehr reicht die Baustelle bis an den Rand der Kaiser-Friedrich-Straße. Weil weiterer Platz etwa für Baustellenfahrzeuge benötigt wird, ist der angrenzende Fahrstreifen samt Gehweg gesperrt. Den nutzt normalerweise der Verkehr in Fahrtrichtung Oberhausen, jetzt wird er über den Fahrstreifen der Gegenrichtung geführt. Aus der Gegenrichtung kommend, ist die Kaiser-Friedrich-Straße folglich als Sackgasse deklariert.

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Röttgersbach: Kilometerlange Umwege für kleinste Besorgungen

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Die Bewohner der Siedlung rund um das Kaspersfeld müssen sich in vieler Hinsicht einschränken. Zum einen verlangt ihnen die Baustelle enorme Umwege ab. Der Kindergarten am Neuhausweg zum Beispiel ist mit dem Auto statt in 600 Metern zurzeit in 2,7 Kilometern erreichbar. „Mal eben zu Edeka mit dem Auto Wasser kaufen, eigentlich 400 Meter, geht auch nicht mehr“, sagt eine Anwohnerin, die namentlich nicht genannt werden will. Stattdessen sei der Supermarkt nun drei Kilometer mit dem Auto entfernt. Die Frau erinnert auch an die horrenden Benzinpreise der vergangenen Monate.

Schlimmer als das sei jedoch das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer. Viele übersehen oder ignorieren die Sackgassen- und Umleitungsschilder, die den Verkehr zwischen A 3 und Kreisverkehr frühzeitig auf die Rohrstraße leiten sollen. Kommen sie an der Baustelle an, versuchen viele zu wenden. Dabei behindern sie den Gegenverkehr und fahren zudem über den Bordstein direkt vor den anliegenden Häusern.

Andere biegen links ab, wollen die Baustelle durch die Siedlung hindurch umfahren. Darin befindet sich auch eine Spielstraße. „Aber kaum jemand fährt dann Schrittgeschwindigkeit, die wollen bloß schnell hier durchkommen“, klagt die Anwohnerin, die selbst eine kleine Tochter hat.

Baustelle MVZ Vitalum: Dramatische Szenen bei Straßenüberquerung

Manche Fahrerinnen und Fahrer verhalten sich besonders dreist. Sie stoppen kurz vor dem „Durchfahrt verboten“-Schild, also vor der Spur, die für den Gegenverkehr vorgesehen ist. Dann warten sie, bis von vorne kein Fahrzeug mehr kommt – wittern sie freie Bahn, treten sie aufs Gas und rasen möglichst schnell in Richtung Kreisverkehr. Sogar Lkw hätten das schon getan, sagen Nachbarn.

Sorgen machen sich die Anwohner vor allem um die Kinder. Davon gibt es viele in der Siedlung, die vor allem von jungen Familien bewohnt wird. Schon die Spielstraße sei wegen des Durchgangsverkehrs nicht mehr sicher. Und an die Kaiser-Friedrich-Straße lassen sie ihre Kinder ohne Aufsicht überhaupt nicht mehr heran.

Viele Autofahrer biegen vor der Baustelle links ab, um diese durch die Siedlung am Kaspersfeld zu umfahren. Dort fahren sie jedoch mitten über eine Spielstraße, und das nur selten in Schrittgeschwindigkeit.
Viele Autofahrer biegen vor der Baustelle links ab, um diese durch die Siedlung am Kaspersfeld zu umfahren. Dort fahren sie jedoch mitten über eine Spielstraße, und das nur selten in Schrittgeschwindigkeit. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Beim Ortsbesuch der Redaktion wiederholt sich innerhalb einer Viertelstunde eine Szene mehrfach: Mütter oder Väter laufen mit ihrem Nachwuchs zur Kaiser-Friedrich-Straße, wollen diese überqueren, um auf der anderen Seite den Gehweg zu nutzen – der Gehweg auf ihrer Seite ist bekanntlich gesperrt. Sie warten, während Autofahrer hektische Wendemanöver durchführen oder plötzlich beschleunigen. Scheint es einigermaßen sicher, rennen sie mit den Kindern über die Straße – ein Bild, das an Wildwechsel auf einer Landstraße erinnert.

Warum die Stadt Duisburg keine Ampel aufstellen lässt

Schon mehrfach hätten sie und ihre Nachbarn sich an die Stadt und an Politiker gewandt, berichtet die Anwohnerin. Es habe gemeinsame Ortstermine gegeben, auch die Polizei habe sich die Situation angeguckt. Nur eine wirksame Lösung sei immer noch nicht gefunden. „Warum kann man hier keine Ampelanlage einrichten?“, fragt sie. „So könnte der Bereich aus beiden Richtungen abwechselnd befahren werden, und niemand müsste mehr wenden oder durch die Siedlung fahren.“ Und auch die Anwohner selbst müssten nicht mehr die weiten Umwege auf sich nehmen.

Diesem Vorschlag erteilt die Stadt eine Absage. „Eine Ampellösung bietet sich leider nicht an“, teilt Sprecher Malte Werning auf Nachfrage der Redaktion mit, und fügt an: „Dazu müssten am Kreisverkehr Ampeln für aus allen vier Fahrtrichtungen kommende Fahrzeuge installiert werden. Dies wurde im Vorfeld geprüft und wegen der langen Rotphasen wieder verworfen.“

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Die Hoffnungen der Stadt liegen auf einer noch deutlicheren Beschilderung. „Um die Einschränkungen besser erkennbar zu machen, haben wir bereits zusätzliche Plantafeln angefordert, die ab der Rohrstraße auf die Sackgassensituation hinweisen werden“, so Werning.

Auch Fußgängern könne man eine Umleitung nicht ersparen; sie sollten möglichst durch das Kaspersfeld zur Holtener Straße und auf dieser in Richtung Kreisverkehr laufen. Indes wünschen sich die Anwohner, dass wenigstens ein kleiner Baustellenbereich, auf dem südlichen Gehweg der Kaiser-Friedrich-Straße, wieder freigegeben wird – dort würden nur selten mal Fahrzeuge der Bauherren parken, berichten sie.

>> BAUSTELLE IN RÖTTGERSBACH: GOOGLE MAPS NAVIGIERT FALSCH

Die Bauphase für das MVZ Vitalum ist zwar bis weit im Jahr 2023 geplant. Die Einbahnstraßenregelung soll aber nur bis Ende 2022 gelten, teilt Stadtsprecher Malte Werning mit. Die Verkehrsführung, wie sie dort zurzeit gilt, sei vor Ort mit den Baubeteiligten, der DVG, Feuerwehr, der Duisburger Polizei und der Stadt Duisburg festgelegt worden.

Kurios: Lässt man sich vor Ort von Google Maps navigieren, führt die Software Autofahrer in Fahrtrichtung Oberhausen über eine Umleitung. Aus dieser Richtung kommend, wird die Straße dagegen als frei angezeigt – die Einbahnstraßenregelung ist also genau falsch herum hinterlegt. Auch das führt womöglich immer wieder ortsunkundige Auto- und Lkw-Fahrer bis kurz vor die Baustelle, weil sie sich auf die Navigationssoftware verlassen.