Duisburg-Meiderich. Die „Taucher im Nordpark Duisburg“ haben die Emscher am Landschaftspark unter der Oberfläche gesäubert. Der Fluss ist für viele nur ein Mülleimer.
Dicker Schutzanzug, schweres Gerät auf dem Rücken: Ein bisschen ist es, als hätten die Stahlkocher wieder Einzug in den Landschaftspark in Duisburg-Meiderich gehalten. Dabei sind es Mitglieder des Vereins „Taucher im Nordpark Duisburg“ (TIND), die am Wochenende mit Neoprenanzug, Taucherbrille, Sauerstoffflasche und Flossen durch das Duisburger Industriedenkmal watscheln, mit einem hehren Ziel im Gepäck. Jedes Jahr, und auch im Corona-Jahr 2020, säubern die Wasserratten die Alte Emscher, die entlang der Grenzen des Landschaftsparks fließt. Die submarine Putzkolonne förderte erstaunliches zu Tage – und machte Bekanntschaft mit den tierischen Bewohnern der Emscher.
Duisburger Taucher gehen im Brackwasser auf Erkundungsreise
„Für viele ist die Emscher ein bodenloser Mülleimer“, ärgert sich der Vereinsvorsitzende Michael Drecker und zeigt auf die Brücke der Emscherstraße, die nahe der A 42-Unterführung über die Emscher führt. Was im Wasser ist, ist weg: So würden viele Menschen denken, die ihren Abfall in den Wasserlauf schmeißen, „an der Brücke ist das natürlich sehr komfortabel, einmal kurz anhalten, Kofferraum auf und weg damit“, seufzt Drecker. Taucher-Urgestein Rudolf Kelbassa erinnert sich an einen Geldschrank, etliche Fahrräder und unzählige Flaschen in der Emscher, ein anderes Vereinsmitglied denkt schaudernd an ein totes Schaf zurück.
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Der Tauchtag beginnt in diesem Jahr vergleichsweise entspannt, der Wasserstand ist relativ niedrig, auf der Südseite der Brücke gucken die Pressluftflaschen der Taucher meist noch aus dem Wasser. „Das ist vor allem für unsere jungen Mitglieder spannend, das ist eine richtige Entdeckungsreise“, sagt Michael Decker und beobachtet, wie sich schon der Nachwuchs in das bedrohlich braune Brackwasser der Emscher schwingt.
Ein PVC-Teppichboden und Totholz werden am Emscherufer geborgen
Auf der Nordseite der Emscherbrücke ist die Natur ein wenig präsenter als im Süden, Brombeeren und Schilf überwuchern das Ufer. „Ätzend!“, ruft eine Taucherin und meint das Emscherwasser in ihrem Mundstück. „Wenn die Leute unten auf den Grund treten, wirbeln sie die Gase der vermoderten Pflanzen auf“, erklärt Decker, „das riecht dann so schwefelig“. Als erstes kommt ein großes Stück Totholz zum Vorschein, dann geht es unter die großen Seerosenblätter direkt an der Brücke. „So ein Kawenzmann“, freut sich eine Taucherin grinsend und zeigt mit ihren Händen, wie groß der Hecht war, der sich unter den Seerosen in Sicherheit wog.
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Dort, unter den Blättern, finden die fleißigen Putzer auch eine riesige Rolle. „Vermutlich PVC-Teppich“, sagt Drecker, und tatsächlich, das schwere Stück Müll, das jetzt eher einem rostigen Rohr ähnelt, war wohl einmal Bodenbelag – und ist eigentlich Sondermüll. „Da wollte sich wohl jemand die Kosten sparen“, vermutet Michael Drecker. Auf der anderen Brückenseite fördern die Taucher eher Kleinkram zu Tage, viele Flaschen, ein Fahrradschloss und einen Fußball in Topzustand. „Wir haben ungewöhnlich viele Flaschen gefunden“, bilanziert der Vorstandsvorsitzende nach drei Stunden Tauchgang, „vor allem viele Pfandflaschen und -dosen. Das ist den Leuten wohl zu anstrengend, die wieder zurückzubringen.“
Auffällig viele Wodkaflaschen fördert der Verein zutage
Vor allem an den Plattformen direkt am Wasser häufen sich die Flaschen, insbesondere auch eine auffällig hohe Zahl von Wodkaflaschen. Wohl von einem der vielen Hobbyfotografen im Landschaftspark stammt ein Tripod, ein Stativ also, das die Taucher aus der Emscher gezogen haben. Von all dem Abfall lassen sich die Vereinsmitglieder nicht entmutigen, er spornt sie eher an. Denn ganz bestimmt gehen sie auch nächstes Jahr wieder bis zum Grund der Alten Emscher, um sie zu von dort versenktem Müll zu befreien.
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>> DER VEREIN TAUCHT IM MEIDERICHER GASOMETER
• Bei dem „Taucher im Nordpark Duisburg e.V“ können angehende Taucher sämtliche weltweit anerkannten Kinder-, Jugend-, Schwimm- und Tauchabzeichen absolvieren.
• Dreh- und Angelpunkt des Vereins ist der Gasometer direkt neben dem Vereinsheim im Landschaftspark, der heute ein großes Tauchbecken ist – inklusive eines Schiffswracks, eines Autos und eines Riffs.
• Kontakt zum Verein und mehr Infos gibt es im Internet auf der Webseite tind.de oder per E-Mail an v@tind.de.