Duisburg. Duisburgs stellvertretender FDP-Chef Dirk Schlenke verlässt die Politik nach Nazi-Schmierereien am Parteibüro, Protesten und Beschimpfungen.

Duisburgs stellvertretender FDP-Vorsitzender Dirk Schlenke zieht sich komplett aus der Politik zurück. Ausschlaggebend für seine Entscheidung, teilte der Walsumer Liberale jetzt mit, waren die Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen; vor allem jedoch die Reaktionen in Duisburg – Beschimpfungen, Beleidigungen und Proteste.

Nachdem in Thüringen Thomas Kemmerich (FDP) mit Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, brachten tags darauf Unbekannte Nazi-Schmierereien – Wortlaut: „FDP + Nazis Hand in Hand“ – an der Fassade der Duisburger FDP-Geschäftsstelle an. Dass Oberbürgermeister Sören Link (SPD) und der Deutsche Gewerkschaftsbund außerdem zum Protest gegen die FDP aufgerufen haben, bezeichnet Schlenke als beschämend. „Klare Kante gegen Rechts kann man auch anders zeigen, und wir wären gerne dabei gewesen – aber nicht bei einer Demo vor unserer Geschäftsstelle“, sagt der 59-Jährige. „Der Oberbürgermeister, die anderen Ratsfraktionen und der DGB sind alles Demokraten. Sie alle wissen, dass wir mit dem rechten Rand nichts zu tun haben, aber rein gar nichts.“

Auch interessant

Vertrauensverlust mit Nachwirkungen

Die Fassade Duisburger FDP-Parteibüros wurde nach der Thüringen-Wahl besprüht. Der Staatsschutz ermittelt.
Die Fassade Duisburger FDP-Parteibüros wurde nach der Thüringen-Wahl besprüht. Der Staatsschutz ermittelt. © Jörg Schimmel

Dennoch hatten laut Schlenke die anderen Ratsparteien offen bekunden, dass sie mit der FDP als „Handlanger der AfD“ nicht mehr zusammenarbeiten wollen. „Natürlich hätte aus meiner Sicht die Wahl in Thüringen nicht angenommen werden dürfen, aber damit hatten wir in Duisburg nicht das Geringste zu tun.“ Er empfindet die örtlichen Reaktionen daher als „einen Vertrauensverlust mit Nachwirkungen“, zieht daraus Konsequenzen und einen Schlussstrich nach rund 15 Jahren aktiver Politik in Duisburg. „Eine Kommunalpolitik auf Augenhöhe ist für mich in dieser Stadt nicht mehr möglich. Daher stehe ich für kein Mandat mehr zur Verfügung.“

Auch interessant

In seinem Ortsverband Duisburg-Nord hat er sich kürzlich bereits nicht mehr für einen Wahlkreis aufstellen lassen und tritt somit bei der Kommunalwahl am 13. September nicht erneut als Kandidat für den Stadtrat oder die Bezirksvertretung Walsum an. Vize-Chef des stadtweiten Kreisverbands bleibt er nur noch bis zum Parteitag am 1. März, auf dem ein neuer Vorstand gewählt wird.

Die Liberalen sind zerrissen

Duisburger Liberale sind entsetzt über Nazi-Vorwurf

Der Liberale Dirk Schlenke war seit circa 15 Jahren in der Duisburger Kommunalpolitik aktiv, von 2009 bis 2014 Bezirksvertreter in Walsum, zugleich Vorsitzender der FDP Duisburg-Nord, kandidierte mehrmals für den Landtag und ist seit 2016 stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP Duisburg.

Andere FDP-Mitglieder sind ebenfalls entsetzt über die Nazi-Schmierereien am Parteibüro. „Freie Demokraten werden auch von Vertretern anderer demokratischer Parteien, mit denen man seit langem auf kommunalpolitischer Ebene zusammenarbeitet, als Faschisten bezeichnet“, ärgert sich der Vorsitzende der FDP Duisburg-Nord, Rainer Weiß. „Die Freien Demokraten stehen für Weltoffenheit und Toleranz und die AfD für Abschottung und Voreingenommenheit. Hinzu kommt ein zunehmend völkisches Denken bei der AfD. Dementsprechend verbindet uns rein gar nichts mit der AfD. Und dieses haben wir auch in der Vergangenheit immer klar formuliert.“

Die Duisburger FDP hat nach der Wahl-Eklat in Thüringen sogar ein bundesweites Verbot der AfD gefordert,

Der Walsumer zweifelt jedoch nicht daran, dass das neue Team der Liberalen auch ohne ihn schlagkräftig und erfolgreich sein wird. „Die Partei wird zumindest in Duisburg nicht zerfallen.“ Denn nach dem Thüringen-Eklat gibt es im hiesigen Kreisverband nur wenige Austritte. Dennoch sieht er die Liberalen bundesweit zerrissen. „Wir haben jetzt zwei Lager. Das eine ist darüber entsetzt, was in Thüringen passierte. Für das andere war bei der Wahl alles in Ordnung.“

So habe auch das Verhalten der Bundespartei in den vergangenen Wochen zu seinem Entschluss beigetragen. „Ich werde keine aktive Politik mehr betreiben, mein Herz bleibt aber liberal“, fasst Dirk Schlenke zusammen. Sein Parteibuch hat er zwar behalten, freut sich aber jetzt auf mehr Freizeit, die er gerne mit seiner Ehefrau verbringen will.