Duisburg. Im inklusiven Wohnprojekt „Wir am Mattlerbusch“ in Duisburg-Röttgersbach wohnen 95 Menschen mit und ohne Behinderung zusammen.
„Nachbarschaft ist ein wichtiges Thema für uns“, sagt Corinna Depenbrock, Quartiersmanagerin des inklusiven Wohnprojekts „Wir am Mattlerbusch“. In den vier Häusern am Könzgenplatz leben 95 Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Jetzt hat man sich für den „Deutschen Nachbarschaftpreis“ beworben. Gewonnen hat auf NRW-Ebene zwar das „Fachgeschäft für Stadtwandel“ aus der Nachbarstadt Essen. Dennoch ist es wert, sich die Röttgersbacher Initiative genauer anzuschauen.
Heute gibt’s Linsensuppe. „Lecker, fast so wie bei uns zu Hause“, lautet ein Kommentar. Zweimal in der Woche essen die Bewohner zusammen im schönen Gemeinschaftsraum der Wohnanlage. Hannelore Schwarz hilft jedes Mal in der Küche mit. „Das hab’ ich mein Leben lang gemacht, das kann ich“, sagt die ältere Dame. Sie lebt mit ihrem ältesten Sohn Harald in einer Drei-Raum-Wohnung. Harald ist behindert.
Gegen soziale Isolation: „Hier kennt jeder jeden“
„Wir haben hier alles, war wir brauchen. Und ich weiß, dass mein Sohn gut versorgt ist, wenn ich mal nicht mehr bin“. Im Moment jedenfalls macht die vierfache Mutter aus Neumühl einen ausgesprochen fitten Eindruck. Sie kümmert sich zusammen mit dem Sohn um den Haushalt, beide nehmen gerne an verschiedenen Aktivitäten im Haus teil. In der Handarbeitsgruppe knüpft Harald gerade Kissenbezüge, die Mutter strickt warme Socken für den Winter. Außerdem gehen sie regelmäßig im Revierpark Mattlerbusch spazieren, ab und zu auch mit anderen Hausbewohnern.
Ursprünglich hatten vier Elternpaare mit behinderten Kindern den Anstoß zu dem Inklusiven Wohnprojekt gegeben. Sie hatten sich damals zur Initiative Alsbachtal, einem Verein für körper- und mehrfachbehinderte Menschen, zusammengetan. Die vier Kinder dieser Paare leben immer noch im Wohnprojekt am Mattlerbusch.
Es bleibt auch genügend Freiraum
„Wir am Mattlerbusch“ an der Grenze zu Oberhausen-Holten gibt es seit acht Jahren. Hier leben Familien mit einem behinderten Kind, alte Menschen, die Unterstützung brauchen, und nicht-behinderte Menschen. Die meisten wohnen in ihren eigenen vier Wänden. Es gibt Ein- bis Dreiraum-Wohnungen, für die ein Wohnberechtigungsschein erforderlich ist. Die Bewohner können einerseits Gemeinschaft erleben, haben andererseits genug Freiraum. 24 geistig behinderte Menschen werden in einer Wohngruppe des LVR-HPH-Netzes Niederrhein, der Heilpädagogische Hilfen anbietet, intensiv betreut.
Ziel sei, die Isolation der Bewohner aufzulösen. „Hier kennt jeder jeden“, sagt Corinna Depenbrock. Wenn ein Mitbewohner nicht im Gemeinschaftsbereich auftaucht, würde das sofort auffallen, den anderen Bewohnern oder einem der Betreuer. Neben den Festangestellten, die sich um Menschen kümmern, die Unterstützung brauchen, engagieren sich eine Reihe von Ehrenamtlichen aus der Nachbarschaft.
Hermann Hemmers wohnt seit dem Tod seiner Frau alleine im Wohnquartier. Er kommt aus Röttgersbach, wollte gerne im Stadtteil bleiben. Ein Altenheim, so sagt der Senior, sei nicht in Frage gekommen. Dem alten Herrn gefällt die bunte Mischung am Tisch.