Duisburg-Meiderich/Beeck. Über 40 Jahre arbeitete Dieter Jakob als Polizist im Duisburger Norden. Er liebte seinen Job, allerdings wurde dieser immer gefährlicher.

Dieter Jakob sieht die Welt mit den Augen eines Polizisten. Immer. Nach 43 Jahren im Dienst hat er einfach einen Blick für Dinge, die andere nur am Rande wahrnehmen: Das Verkehrschaos am Morgen vor dem Schultor (Stichwort: Helikoptereltern), aggressive Autofahrer, rempelnde und gefahrverheißende Passanten. Auch als Pensionär juckt es dem 65-Jährigen dann manchmal in den Fingern, als ehemaliger Ordnungswächter gibt er sich aber nur in Notfällen zu erkennen.

In der Heimat, im Duisburger Norden, kennt man ihn eh. Da zuckt noch immer manch einer zusammen, wenn der ehemalige Dorfsheriff einmal böse guckt. Von seinen 43 Dienstjahren verbrachte er 18 in Beeck – als Bezirksbeamter. In dieser Zeit war er meist zu Fuß im Ort unterwegs. Straftaten, Ordnungswidrigkeiten und Verkehrsunfälle waren sein Tagesgeschäft. Er war immer nah am Menschen, bemühte sich, eben genau das zu sein, was die Polizei sein will: Freund und Helfer. „Mit Zuckerbrot und Peitsche“, sei er vorgegangen, sagt er heute und lacht. „Wenn man mit einer gewissen Ruhe und Freundlichkeit auf die Menschen zugeht, kann man Dinge oft entschärfen“, ist er sicher. Und wenn nicht? „Dann reicht vielleicht ein strenger Blick“.

Den Entschluss, in seiner Heimat zu arbeiten, hat Jakob nie bereut – trotz Warnungen

Er war gerne der „Dorfsheriff“, wie man ihn tatsächlich oft nannte. „Damit habe ich kein Problem. Es ist ja was dran, an dem Begriff. Man hat seinen Bezirk, das ist wie ein Dorf“, sagt er. „Dass ich selbst aus dem Norden komme, dort gearbeitet habe, wo ich gelebt habe, dass ich die Menschen kannte – für mich war das immer von Vorteil“, sagt er. Er sei mal gewarnt worden, nicht dort eine Stelle anzutreten, wo er selbst wohnt – doch er hat seinen Entschluss, damals nach der Ausbildung mit Stationen unter anderem in Bochum, in die Heimat (zuerst Meiderich, dann Beeck) zu gehen, nie bereut. „Ich habe gerne gearbeitet“, sagt er.

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Dass sich seine Arbeit allerdings auch verändert hat, gibt er auch offen zu. Die Zunahme von Gewalt und Skrupellosigkeit, das also, was viele als „subjektive Wahrnehmung“ bezeichnen, sei durchaus Realität. „Gerade in einem Bereich wie dem Duisburger Norden ist das deutlich spürbar. Ich bin kein Statistiker, aber auch mein Gefühl und meine Erfahrung in den letzten Berufsjahren sagt mir, dass es gefährlicher geworden ist“. Vieles, was vor einigen Jahren oder Jahrzehnten noch die Ausnahme war, sei heute fast im Alltag eines Polizisten angekommen. „Wenn es früher einen Raub gab, war das schon etwas Außergewöhnliches. Heute ist es nicht mehr so“, sagt er. Doch er habe immer Glück gehabt. „Gewalt gegen mich als Polizisten habe ich zum Glück nie in der Form erlebt, wie man es heute oft hört“, sagt Jakob, der im April 2019 seinen letzten Einsatz hatte.

Trotz mehr Gewalt gibt Jakob den Norden nicht auf: Er hofft auf die Kleinsten

Grund für die gestiegene Gewaltbereitschaft sei unter anderem der Struktur- und Kulturwandel, der sich im Norden, wie etwa in Beeck, vollzogen habe. „Der Respekt vor Polizisten ist oftmals nicht mehr da. Da bekommt man halt oft mal ein unschönes ,was willst du!?’ zu hören, wenn man jemanden wegen etwas zur Rede stellen will“, weiß er. Seine Hoffnung liegt in den Kindern.

„Wir haben früher schon an Schulen Vorträge gehalten, haben die Kindern ins Gebet genommen, sie gewarnt, wie schnell das Leben aus der Bahn geraten kann“, sagt er. „Das habe ich immer sehr gerne gemacht und ich glaube auch fest, dass es etwas bringt, wenn man die Kinder direkt anspricht, Dinge für sie greifbar macht, ihnen erklärt, welche Strafen warten, was es für das spätere Leben bedeutet, wenn man als Straftäter in Erscheinung getreten ist“, sagt er. Diesbezüglich müssten Schulen und die Polizei weiter eng zusammen arbeiten. Jakob, selbst Vater zweier Töchter, glaubt, dass so auch Kinder erreicht werden könnten, deren Eltern sich nicht wirklich um sie kümmern. „Ich denke, man muss immer beide ansprechen: Kinder und Eltern. Doch dort, wo die Eltern überfordert sind, ist es oft die einzige Chance, die Kleinen auf den rechten Weg zu führen, in dem man sich als Schule oder Polizei einschaltet.“