Duisburg. . Baumexperte der Wirtschaftsbetriebe Duisburg hält 100.000 Jungbäume für sinnvoller als 50.000 alte. Straßenbäume seien Einrichtungsgegenstände.
In Duisburg sorgen 50.000 Straßenbäume dafür, dass die Luft nicht allzu dick wird. Und, dass sich die Straßen im Sommer nicht allzu stark aufheizen. Aber: Etwa 40 bis 45 Prozent dieser Bäume geht es laut Henning Hürten so schlecht, dass sie seiner Meinung nach alsbald ersetzt werden sollten.
Da viele der alten Riesen vor 70, 80 oder mehr Jahren als Alleen gepflanzt worden sind, geht das nicht so einfach. Denn: Alleen sind in Nordrhein-Westfalen gesetzlich geschützt. Bis Ende dieses Jahres soll in Duisburg daher ein Alleenkonzept erarbeitet werden. Das soll regeln, wie die Baumreihen erneuert werden können. Darauf setzt der Baumpflegeexperte der Wirtschaftsbetriebe Duisburg (WBD).
Straßenbäume leiden stark unter dem Verkehr
Wenn es nach Hürten ginge, würden viele der alten, altersschwachen Bäume fix ausgetauscht. „Die Stadt braucht eher 100.000 junge Bäume als 50.000 alte.“ Dabei meint er ausschließlich die Straßenbäume. Denn die leiden enorm unter dem Verkehr und unter Baumaßnahmen im Straßen-, Kanal- und Gehwegbereich. Bäume, die im Wald oder im Park problemlos 100 Jahre oder mehr erreichen können, seien am Straßenrand heute oft nach 30, 40 Jahren schon „im Rückzug“. Obwohl sie groß seien, hätten die Kronen dann kaum mehr Blätter als Jungbäume, die nur etwa 12, 15 Jahre alt sind, wenn sie aus der Baumschule an ihren endgültigen Standort kommen. Die Riesen brächten also nicht mehr allzu viel für die Klimaverbesserung.
Straßenbäume sind für den Fachmann „Einrichtungsgegenstände“
Straßenbäume sind für Hürten letztlich nichts anderes als „Einrichtungsgegenstände“. Wobei er nicht despektierlich sein möchte. Er will damit nur sagen, dass Grün hübsch anzusehen ist und auch Vorteile wie Abschattung bringt, letztlich aber in Häuserschluchten nicht natürlich ist. „Wenn Bäume laufen könnten, stünden die nicht am Straßen“, ist er sich sicher. Sondern irgendwo, wo man ihnen Platz lässt, Wurzeln zu schlagen. Wo sie nicht so viel Abgas ertragen müssen. Wo sie nicht immer wieder malträtiert werden, wenn neue Leitungen verlegt, Gehwege und Straßen repariert werden.
Experte hat Verständnis für Bürger, die unter alten Bäumen leiden
Henning Hürten, der sich seit 1991 um die Duisburger Straßenbäume kümmert, sieht die Gefahr, dass Menschen, die alte Alleen vor der Haustür haben, Bäume mehr und mehr als ihre Feinde empfinden. Dabei heißt es doch: Mein Freund, der Baum. Der Experte hat durchaus Verständnis für Bürger, die es leid sind, mehrmals jährlich die von Blättern, Rinde und Samen verstopften Dachrinnen zu reinigen. Die keine Lust auf „panierte“ Grillsteaks, Heuschnupfen, völlig zugewachsene Gehwege, kaputte Abwasserrohre und so weiter haben. Aber er weiß auch um den Wert der Bäume für die Lebensqualität. Deshalb sein Appell: Lieber viele junge und vor allem nicht bis in den Himmel wachsende Bäume an den richtigen Stellen zu pflanzen, als die Probleme bereitenden Riesen so lange zu erhalten, bis sie buchstäblich umfallen.
Bis zu 10.000 Euro Schaden an der „Infrastruktur“ (Leitungen, Straßen und Gehwegen) richten alte Bäume seiner Kenntnis nach an. Das müsse nicht sein, wenn sie rechtzeitig ersetzt würden.
Zwei Wochen Landregen wäre gut
Damit Jungbäume am Straßenrand nicht verdursten, bauen die Wirtschaftsbetriebe übrigens neuerdings auf halbautomatische Bewässerung. An die Stämme werden Spezialsäcke gesetzt, aus denen Wasser langsam herausläuft und direkt am Stamm versickert und damit in den Ballen eindringt. 60 Liter fasst ein solcher Sack, alle ein bis zwei Wochen liefern die Wirtschaftsbetriebe Nachschub. Im Jahr 2018 hatten die WBD 170 Säcke zum Testen eingekauft. Wegen des Erfolges wurde der Vorrat jetzt auf 1000 aufgestockt.
Genau rechtzeitig: Nach dem extrem trockenen Sommer 2018 und dem nur mäßig feuchten Winter sind die Böden immer noch viel zu trocken, Bäume und Sträucher leiden, nicht nur an den Straßen. „Wir bräuchten zwei Wochen Landregen, mit täglich 20 Litern pro Quadratmeter“, sagt Henning Hürten.